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Marcel Kittel bejubelt im Grünen Trikot die Führung in der Sprintwertung. Foto: Yorick Jansens
02.07.2017 18:51
Kittel krönt Spektakel - «Begleitet mich mein ganzes Leben»

Lüttich (dpa) - Von seinen Gefühlen übermannt kletterte Marcel Kittel voller Stolz auf das große Podium der Tour de France und genoss einen der emotionalsten Tage seiner Radsport-Karriere.

«Das ist ein ganz besonderer Sieg für mich. Es war ein fantastischer Tag mit dem Start in Deutschland und den vielen Fans am Straßenrand. Dass ich diese Etappe gewinnen konnte, macht mich so stolz und ist einmalig. Diese Momente werde ich niemals vergessen. Das wird mich mein ganzes Leben begleiten», sagte Kittel, nachdem er eine Jubelfahrt vor mehr als einer Million Fans in Deutschland mit seinem überlegenen Sieg auf der zweiten Etappe in Lüttich gekrönt hatte.

So ließ der 29-Jährige im Zielbereich seinen Tränen freien Lauf. Schon auf dem Weg durch Düsseldorf und dem Rheinland habe er sich angesichts der Zuschauermassen zusammenreißen müssen, um nicht zu weinen. «Mein großes Ziel war dieser Etappensieg, es hat funktioniert», ergänzte Kittel. Es war das perfekte Happy End für die deutschen Stars am Ende des zweitägigen Spektakels, in dem der deutsche Radsport eine kaum für möglich gehaltene Renaissance erlebte. Noch vor einigen Jahren sei der Radsport in Deutschland tot gewesen, nun dürfe er diese Euphorie erleben, schwärmte Kittel, der im Massensprint nach 203,5 Kilometern souverän vor dem Franzosen Arnaud Demare und Landsmann André Greipel triumphierte.

Sein Freund Tony Martin war dagegen am Auftakt-Wochenende der große Pechvogel. Erst schlitterte der viermalige Weltmeister zum Auftakt im 14 Kilometer langen Zeitfahren um acht Sekunden am Gelben Trikot vorbei, am Sonntag wurde Martin in einem Massensturz verwickelt und erreichte mit blutenden Wunden am rechten Arm und am rechten Bein mehr als zehn Minuten nach Kittel das Ziel. Das Katusha-Team hofft, dass Martin die Fahrt weiter fortsetzen kann. Auch der dreimalige Champion Chris Froome war zu Boden gegangen. Der Brite verlor aber keine Zeit. «Ich habe ein bisschen Haut verloren, aber das liegt in der Natur des Rennens», sagte Froome, dessen Sky-Teamkollege Geraint Thomas weiter in Gelb fährt.

Kittel kam dagegen heil ins Ziel und feierte bereits seinen zehnten Tour-Etappenerfolg. Angesichts seiner Überlegenheit könnten weitere folgen. Sogar der Rekord von Erik Zabel mit zwölf Siegen ist in Reichweite. «Für mich geht es nicht um Zahlen, sondern um Momente. Ob ich meine Karriere irgendwann mit zehn oder elf Siegen beende, ist nicht wichtig.» Vorerst trägt Kittel auch das Grüne Trikot des punktbesten Fahrers. Theoretisch könnte Kittel am Montag sogar dank der Zeitgutschriften das Gelbe Trikot holen, das sei aber wegen des Profils schwierig.

Für einige namhafte Stars ist die Tour indes bereits beendet, bevor sie so richtig losgeht. Altmeister Alejandro Valverde erlitt bei seinem schlimmen Sturz am Samstag Brüche der Kniescheibe und des Sprunggelenks auf der linken Seite. Für den früheren Tour-Dritten ist das Jahr 2017 damit gelaufen. Auch dessen Landsmann Ion Izagirre, Kapitän des Teams Bahrain-Merida, musste nach einem Bruch des Lendenwirbels passen. Ob Debütant Rick Zabel indes Paris erreichen wird, ist mehr als fraglich. Beim Sohn des früheren Sprintstars Erik Zabel besteht der Verdacht auf einen doppelten Bänderrisses in der Schulter. Trotzdem kämpfte sich Zabel am Sonntag durch und will weiter fahren.

Noch im Rennen dabei, aber mit einen empfindlichen Dämpfer begann für eine Reihe der Favoriten angesichts der Dominanz des Teams Sky die Tour. So knöpfte der dreimalige Champion Chris Froome aus Großbritannien als Sechster im Kampf gegen die Uhr seinen größten Rivalen mehr als eine halbe Minute ab. Der Australier Richie Porte (0:35 Minuten hinter Froome), der kolumbianische Giro-Zweite Nairo Quintana (0:36) oder der spanische Ex-Sieger Alberto Contador (0:42) hatten sich den Start sicher anders vorgestellt.

Vier Sky-Profis rasten beim 14 Kilometer langen Zeitfahren unter die besten Acht und verblüfften nach einer bislang enttäuschend verlaufenen Saison die Konkurrenz ausgerechnet zum Tour-Auftakt. Anstelle von Thomas hatte eigentlich Martin das erste Gelbe Trikot überstreifen wollen. «Die Enttäuschung ist groß. Das war eine einmalige Chance, die nie wiederkommen wird», sagte Martin und haderte mit den widrigen Bedingungen.

Nass wurde es auch am Sonntag, als das Peloton über Neuss, Mönchengladbach und Aachen in Richtung Belgien die letzten 144 Kilometer in Deutschland fuhr. Die deutschen Fans haben sich die Tour-Feier trotzdem nicht nehmen lassen, auch Ex-Sieger Jan Ullrich verfolgte in Korschenbroich das Rennen und wurde selbst von den Fans mit «Ulle, Ulle»-Sprechchören gefeiert. Teilweise in Zehner-Reihen standen die Zuschauer in den großen Städten am Straßenrand. Für den deutschen Radsport ein großer Erfolg.


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