Köln (dpa) - Astana contra Linus Gerdemann: Jetzt attackiert auch Andreas Klöden seinen Landsmann wegen dessen Kritik am Comeback von Lance Armstrong. Ein merkwürdiges Ränkespiel zwischen alt eingesessenen Radprofis und dem Emporkömmling aus Münster machte die Runde.
Der 25-jährige Gerdemann leide «an einer kleinen Profil-Neurose», präsentiere sich sich im Anti-Doping-Kampf ständig als «Saubermann und Retter des deutschen Radsports», dränge in die Medien und lasse es an «Respekt» gegenüber Armstrong fehlen. Das warf Klöden seinem jüngeren Landsmann in einem Internet-Interview mit dem selbst ernannten Satiriker «Enrico Muax» vor.
Der Kölner Henry Fecherolle, alias «Muax», der Klöden als vermeintlich radebrechender Italiener interviewte, managt den Internetauftritt des Jan Ullrich-Freundes Klöden und kennt ihn gut. «Er war gar nicht mehr zu bremsen», sagte Fecherolle nach dem Gespräch mit dem Wahl-Schweizer Klöden. Auf dessen zum Teil heftige Angriffe wollte Gerdemann nicht öffentlich reagieren. «Ich werde mir das anhören, und wenn es etwas zu klären gibt, werde ich das direkt mit den Beteiligten tun», erklärte Gerdemann, zur Zeit auf Mallorca, der Deutschen Presse-Agentur dpa.
«Ich habe das Gefühl, Linus will mit allen Mitteln in die Presse. Er hat eine kleine Profilneurose. Ich muss mich nicht vor jede Kamera stellen und mich als Retter des Radsports aufspielen. Linus sollte den Ball flach halten und Respekt vor einem siebenfachen Tour-Sieger zeigen. Er profiliert sich auf Kosten anderer Fahrer», sagte Klöden, der dem Tour-Etappensieger Gerdemann bescheinigte, mit dem Gewinn der diesjährigen Deutschland-Rundfahrt «nur einmal über den Tellerrand» geschaut zu haben.
Klödens kurioses Interview überraschte. Ansonsten meidet der frühere Telekom- und T-Mobile-Profi, der seinen Vertrag bei Astana gerade um ein Jahr verlängerte, ähnliche öffentliche Auftritte. Anders als bei Gerdemann ist das Thema Doping eigentlich Tabu für Klöden, der bei seinem letzten Tour-Auftritt 2007 - Astana war in diesem Jahr wegen zurückliegender Doping-Delikte suspendiert - nicht mit deutschen Journalisten redete. In dem skurrilen Interview sagte er jetzt, die Radprofis müssten im Anti-Doping-Kampf zusammenstehen. Sein Team gebe im Jahr für 30 Fahrer 400 000 Euro zur Doping- Bekämpfung aus, «der gesamte deutsche Skiverband dagegen nur 250 000», wie Klöden meinte.
Ihm mangele es in keinem Fall an Respekt vor Armstrong, meinte Gerdemann, der seine veröffentlichten Zitate richtig gestellt wissen wollte: «Ich habe gesagt, dass der Name Armstrong von der Presse immer mit Doping in Verbindung gebracht wird, und dass das nicht 100 prozentig gut für den Radsport ist.» Die Worte des Milram-Neulings waren nach der Team-Präsentation am 30. Oktober in Dortmund etwas pointierter wiedergegeben worden: Armstrongs Comeback gefährde die Glaubwürdigkeit des um sein Image kämpfenden Radsports.
Der wenig konfliktscheue Texaner hatte darauf gereizt reagiert. Nach einem Zeitfahr-Test im Windkanal von San Diego hatte er dem Internetanbieter «cycling-news» erklärt: «Wer verdammt noch mal ist Gerdemann? Er sollte sich wünschen, in einer Ausreißergruppe lieber nicht mit mir zusammen zu fahren, denn ich kann noch verdammt schnell fahren». Im Radsport brauche man «Freunde im Peloton», riet Klöden Gerdemann zur Zurückhaltung und warnte vor dem offensichtlich immer noch langen Arm des Rekordsiegers: «Lance war sauer».