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Ein Fahrzeug der deutschen Sendeanstalten ARD und ZDF vor dem Pressezentrum der Tour de France 2007.
17.10.2008 13:00
Tour-Veranstalter ohne Verständnis für TV-Ausstieg

Berlin (dpa) - Deutschland wird zum weißen Fleck auf der Landkarte des Profi-Radsports. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen springt ab, Rennen sterben, Sponsoren fliehen.

Das Milram-Team der Bremer Nordmilch AG wird 2009 das einzige von einst drei deutschen ProTour- Teams sein und stellt sein weiteres Engagement auch mit dem zukünftig zu erzielenden Werbeeffekt in Zusammenhang. «Radsport in Deutschland wird auf die Bedeutung vor Jan Ullrich zurückfallen», vermutet Jochen Hahn, Sportlicher Leiter beim Milram-Team, das 2009 nach nationaler Identifikation strebt und alles auf die Hoffnungsträger Linus Gerdemann und Gerald Ciolek setzen will.

In den traditionellen Radsport-Hochburgen Frankreich und Italien gehen Medien und Öffentlichkeit anders mit den nicht endenden Doping- Affären um. Es sollte wohl «gesucht und nichts gefunden werden» umschrieb der Tour-de-France-Veranstalter die Forderung von ARD und ZDF nach knallharten Doping-Konsequenzen und ihrem Rückzug aus der Live-Berichterstattung von der Tour. «Deutschland sagt dem Radsport Addio», schrieb die Gazzetta dello Sport» und feiert weiter die bevorstehende Giro-Premiere der Problem-Personalie Lance Armstrong.

Die ASO, Veranstalter der Tour und zahlreicher anderer Profi- Rennen, zeigte verständlicherweise kein Verständnis für den TV- Ausstieg der öffentlich rechtlichen Sender in Deutschland. Schließlich dürften dadurch rund sieben Millionen Euro im Tour-Budget fehlen. «Die ARD hat einen Anti-Doping-Kampf verlangt und empört sich, wenn gedopte Fahrer entlarvt werden», hieß es in einer Stellungnahme der Pariser Verlagsgruppe, die sich «seit einigen Jahren einen Kampf gegen Doping ohne Pardon» attestierte.

«Einst stand Jan Ullrich auf einer Stufe mit Michael Schumacher, aber jetzt gehts dem Radsport in Deutschland wirklich mies», schrieb die «Gazzetta». Seit Tagen feiert die Zeitung, Veranstalter der Italien-Rundfahrt, seitenlang den möglichen Armstrong-Start beim Giro d'Italia 2009. Die Meldung über das Radsport-Sterben in Deutschland war am Freitag nur eine Randnotiz.

Die ARD treffe mit ihrer Entscheidung «unglücklicherweise jene, die gegen Doping vorgehen», stellte die Amaury Sports Organisation (ASO) fest und zitierte den Vorsitzenden der französischen Anti- Doping-Agentur AFLD, Pierre Bordry, der in diesem Jahr die Kontrollen bei der Tour leitete und sieben Doper - darunter die in einem nachträglichen Test aufgefallenen Stefan Schumacher und Bernhard Kohl - entlarvt hatte: «Die große Mehrheit der Fahrer dopt nicht.»

Neben den Namen der beiden Gerolsteiner-Profis kursierten während der WM in Varese Ende September noch andere Namen prominenter Fahrer, denen in AFLD-Nach-Kontrollen ebenfalls das Blut-Doping-Mittel CERA nachgewiesen worden sein soll. Die «Gazzetta» prophezeite einen «Tsunami», der den Welt-Radsport erheblich beschädigen würde. Nach dem Fall Kohl hatte Bordry die Nach-Untersuchungen von insgesamt rund 30 Proben verdächtigter Fahrer für abgeschlossen erklärt.

Zeitfahr-Weltmeister Bert Grabsch meldete sich beim Internetanbieter «Radsport-News» zu Wort. Er habe das Gefühl, dass der Radsport «der Prügelknabe der Nation» sei. «Am meisten tut es mir für den Nachwuchs leid. Was können die jungen Fahrer dafür, dass bei den Profis gedopt wird?» fragte der 33-jährige Columbia-Profi. «Wer denkt, dass nur im Radsport gedopt wird, ist naiv. Immerhin können wir für uns in Anspruch nehmen, dass bei uns aussortiert wird», schrieb Grabsch weiter und forderte «so schnell wie möglich einen Test auf Eigenblut-Doping».

Milram-Vorstands-Mitglied Martin Mischel behält sich einen Ausstieg aus dem Vertrag vor dem Ablauf 2010 vor - allein aus Marketing-Gesichtspunkten. «Für uns als Sponsor des einzigen deutschen Teams ergibt sich die Notwendigkeit, den Wert unseres Sponsoring-Engagements neu zu beurteilen. Das können wir aber erst nach Ablauf des kommenden Jahres tun, wenn wir die Auswirkungen auf den tatsächlichen Werbeeffekt 2009 für unsere Marke bewertet haben», teilte er mit.


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