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Paolo Bettini während der Siegerehrung in Stuttgart. Foto: Mareike Engelbrecht.
01.10.2007 12:22
Bettinis Sieg Symbol für Rad-WM

Stuttgart (dpa) - Als der alte und neue Weltmeister Paolo Bettini mit einer Schuss-Geste über die Ziellinie raste, provozierte der Italiener die Gastgeber ein letztes Mal.

Wohl selten zuvor hatte ein einzelner Athlet eine Rad-Weltmeisterschaft so geprägt wie der 33- Jährige - allerdings spielte Bettini dabei eine zwielichtige Hauptrolle. Doch UCI-Chef Pat McQuaid wollte nach den beschämenden Tagen in Stuttgart von einem traurigen Höhepunkt nichts wissen. «Paolo Bettini kam, sah und siegte. Ein Fahrer, der unter diesem Druck und diesen Umständen gewinnt, ist ein fantastischer Athlet», sagte der Präsident des Weltverbandes UCI zum Abschluss der skandalumwitterten Titelkämpfe.

Nach seinem wiederholten Triumph nutzte der aufgewühlte Bettini die Pressekonferenz zur Generalabrechnung mit seinen Kritikern. «Ich bin noch genauso wütend wie vor dem Rennen. Ich lasse mich und meine Karriere nicht kaputtmachen. Wenn jemand gegen mich Doping-Beweise hat, soll er sie auf den Tisch legen. Wenn nicht, werden die Beschuldigungen teuer», sagte der Olympiasieger von 2004, dessen Wutrede von den italienischen Journalisten bejubelt wurde.

Der «Corriere dello Sport» brachte die Gefühlslage der Südeuropäer auf den Punkt: «König Bettini. Er gewinnt die Rad-WM der tausend Provokationen.» Die «La Gazzetta dello Sport» schrieb: «Ein wütender Bettini ist Mister WM. Und die Deutschen werden sich mächtig ärgern.» Zuvor hatte Bettini über seinen Anwalt eine Verleumdungsklage gegen die Stadt Stuttgart, das WM-Organisationskomitee und das ZDF angekündigt.

BDR-Präsident Rudolf Scharping bedauerte, dass Bettini «seiner besonderen Verantwortung als Weltmeister» nicht nachkam und die Ehrenerklärung für einen sauberen Radsport nicht unterschrieb. Trotz «etwas aufgeblasener Begleitmusik» sei die WM aber eine gelungene Veranstaltung gewesen. Scharpings Zorn richtete sich gegen Stuttgarts Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann, die gegen einen Bettini-Start vor Gericht gezogen war und die UCI und den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) kritisiert hatte. «Es ist Frau Eisenmann nicht gelungen, die WM zu zerstören», sagte Scharping der Deutschen Presse-Agentur dpa.

In Italien sehen sie Bettini ohnehin als Opfer einer deutschen Hexenjagd. Egel ob die nicht unterschriebene UCI-Ehrenerklärung oder die angeblichen Doping-Beschuldigungen von Patrik Sinkewitz - für die Italiener ist Bettini ein würdiger Weltmeister. Es passte ins Bild, dass sich «die Grille» - so Bettinis Spitzname - ungeniert beim Doping-verdächtigen Giro-Sieger Danilo di Luca bedankte. «Er hat uns sehr den Rücken gestärkt», lobte er seinen Landsmann, gegen den das Nationale Olympischen Komitees Italiens (CONI) eine Sperre von vier Monaten beantragte. ProTour-Spitzenreiter di Luca blieb im Teamhotel in Stuttgart, obwohl ihn sein Verband von der WM zurückgezogen hatte.

Für den BDR, die UCI und die WM-Stadt Stuttgart werden die Aufräumarbeiten noch lange dauern. Jede der drei Parteien fordert noch ausstehende Gelder, jede wähnt sich im Recht. Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster bemühte sich um Schadensbegrenzung. «Wir werden eine gemeinsame Regelung mit dem BDR und der UCI finden», sagte der CDU-Politiker.

Die Stadt Stuttgart denkt über eine Schadenersatzklage gegen die UCI von bis zu einer Million Euro nach - und hielt vorerst Gelder von 600 000 Euro, die für die UCI und den BDR vorgesehen sind, zurück. Der Weltverband kündigte im Gegenzug rechtliche Schritte gegen die Stadt Stuttgart an, um die Finanzmittel zu bekommen.


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