Le Grand-Bornand (dpa) - Der Schweizer Fabian Cancellara kämpft auf der Tour de France nicht nur gegen die Berge, sondern auch gegen seine eigene Vergangenheit.
Der 26 Jahre alte Berner, der bis zum 14. Juli das erste Drittel der Tour im Gelben Trikot gefahren ist, muss als Zeitfahr-Spezialist nun in Alpen und Pyrenäen die härteste Probe bestehen. Doch auch beim jungen Cancellara fährt der Verdacht mit. Jahrelang ließ sich der CSC-Profi von dem berüchtigten Luigi Cecchini trainieren, der als einer der Drahtzieher im europäischen Doping-Kartell gilt.
Erst auf hartnäckige Nachfragen gab Cancellara zu, mit Cecchini zusammengearbeitet zu haben. Der «Dottore» ist ein enger Vertrauter des mutmaßlichen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes. Zuletzt betreute Cecchini Fahrer wie Ivan Basso (inzwischen gesperrt), Jan Ullrich (zurückgetreten) und Tyler Hamilton (Dopingsperre abgesessen). Cecchini verhalf auch Bjarne Riis zum Tour-Sieg 1996. Riis, der bereits eine Doping-Beichte abgelegt hat, leitet heute Cancellaras dänisches CSC-Team. Erst als durch die Doping-Affäre Fuentes der Druck auf Riis und auf Cancellara wuchs, trennten sich CSC sowie der Schweizer vom berühmt-berüchtigten «Preparatore» aus Lucca.
So bleiben Cancellaras Spitzenleistungen auf der diesjährigen Tour immer wieder von Verdächtigungen überschattet - ein Teufelskreis, in dem sich das gesamte Tour-Feld dreht. Beim Prolog in London erreichte Cancellara mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 53,66 Stundenkilometern die drittbeste Zeit seit Bestehen der Tour. In Compiègne begeisterte Cancellara die Zuschauer mit seinem rasanten Sprint zum Sieg in der dritten und längsten Etappe. Doch auch hier wurde bei Beobachtern Skepsis laut.
In seinen ersten beiden Jahren als Profi fuhr Cancellara beim italienischen Team Mapei, dessen damaliger Chef Patrick Lefevere, heute bei Quick Step, wiederholt mit Dopingfällen in Verbindung gebracht wurde. Zuletzt stießen Reporter der ARD auf Dokumente, die Doping bei Mapei genau in den Jahren belegen, in denen Cancellara dort unter Vertrag stand.
Der Schweizer Zeitfahr-Weltmeister Cancellara hat seine Zusammenarbeit mit Cecchini verteidigt. Es sei «fast unmöglich», einen Coach zu finden, der 30 Jahre Erfahrung und «keinen Dreck am Stecken» hat, sagte der Profi. Nur ein sauberer Sport komme für ihn Frage. Dem Schweizer Internetanbieter «Sportal» erklärte er: «Wenn ich dafür dopen muss, möchte ich lieber die Tour nicht gewinnen.»