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Daniel Becke (l) und Thomas Liese vom Team Bianchi lehnen auf der 11. Etappe der Tour de France an ihren Fahrrädern.
30.07.2003 12:18
Becke lernte Körper als «Leistungsmaschine» kennen

Stuttgart (dpa) - Die Leiden bei der Tour de France erleichtern Daniel Becke die Qual für eine Medaille bei den Bahnrad- Weltmeisterschaften in Stuttgart. Nur drei Tage nach Abschluss der «Großen Schleife» startete der Erfurter in der 4000-m- Einzelverfolgung in die Titelkämpfe.

In 4:25,083 Minuten qualifizierte sich der Profi vom Team Bianchi als Fünfter für das Viertelfinale. «In der Kürze der Zeit ist das schon hart», bekannte Becke, «ich konnte erst zwei Runden vor Schluss voll fahren.»

Gut 3500 km stecken dem Erfurter in den Knochen. Diese Anstrengungen machten sich bei dem 25-Jährigen im Auftakt-Wettbewerb bemerkbar. «In zwei Tagen ist sicherlich keine grundlegende Regeneration passiert. Wenn ich zwischendurch forciert hätte, wäre ich nicht angekommen», konstatierte er. Auch unter seinen Kollegen bei der Tour stieß er wegen seines Vorhabens auf ungläubiges Staunen. «Rolf Aldag hat zwei Mal nachgefragt, ob es stimmt, dass ich hier fahren werde», berichtete Becke.

Er muss zudem mit den Nachteil fertig werden, dass es weder im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) noch bei ihm selbst Erfahrungen gibt, ob sich die dicht aufeinander folgenden Belastungen von Tour und Bahnrad-WM vertragen. «Ich will mein Bestes geben, aber einen Garantieschein gibt es nicht», meinte Becke, «ich hoffe, dass ich meine Leistung von der deutschen Meisterschaft bestätigen kann. Denn sie ist auch eine Verpflichtung für mich.» Deutscher Meister ist er in Stuttgart vor zwei Monaten in 4:19,883 Minuten geworden.

Inzwischen weiß Becke, dass er sich quälen kann wie nie zuvor. Auf der letzten Pyrenäen-Etappe nach Bayonne musste er wegen eines Defektes das Feld nach 20 km davonziehen lassen und schleppte sich allein 180 km lang ins Ziel. «Dass ich da angekommen bin, ist ein Wunder. 180 km allein ist die Hölle. Wenn da keine Zuschauer gewesen wären, wäre ich vom Rad gefallen. Ich bin in Leistungsbereiche gekommen, die ich nicht kannte, habe Erschöpfung erfahren, die ich nicht kannte», berichtete er.

45 Minuten nach dem Peloton rollte er ins Ziel. «Ich war nicht fähig zu reden. Ich brauchte eine Viertelstunde, bevor ich überhaupt in der Lage war, etwas zu sagen. Aber auf den Champs Elysees hatte ich die Pyrenäen schon wieder vergessen. Dass ich Paris erreicht habe, war super. Dafür bin ich dankbar. Ich habe meinen Körper als Leistungsmaschine kennen gelernt, wie ich es nicht für möglich gehalten habe», erklärte der Erfurter, der Mitte August Vaterfreuden entgegensieht.

Während der Vierer-Olympiasieger Becke bei der Tour nur Helfer für seinen Kapitän Jan Ullrich war, ist er auf der Bahn eine Berühmtheit. «Ich fühle mich auf der Bahn nicht als Star, sondern als Glückspilz», bekannte er. Vor allem, weil ihm die kurzfristige Umgewöhnung vom Straßenrad auf die Bahnmaschine ohne Gänge und Bremsen nicht schwer fällt. «Ich habe mich auf das Rad gesetzt, es hat sich gedreht und alles war super. Ich habe eine extrem gute Umstellungsfähigkeit. Das soll mir für diese Veranstaltung recht sein», meinte er.


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