Nantes/Berlin (dpa) - 20 Stunden vor dem Startschuss zum Circuit de la Sarthe in Frankreich konnte Jan Ullrich in Nantes aufatmen. Der internationale Radsport-Verband UCI deutete an, dass der 29-Jährige auf den letzten Drücker Grünes Licht für sein seit Monaten vorbereitetes Comeback bekommt.
Sein Rennstall Coast hat offensichtlich im letzten Anlauf beim Weltverband Bankbürgschaften über drei Monatsgehälter vorgelegt.
Die Starterlaubnis bestätigte Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage. «Wir fahren morgen Rennen», sagte der Belgier, mit dem der Olympiasieger beim Team Telekom die größten Erfolge gefeiert hatte. Die UCI war noch etwas zurückhaltend: «Es sieht nach einem positiven Bescheid für Coast aus, aber offiziell ist es noch nicht», sagte ein Sprecher am frühen Abend.
Ullrich fuhr sein letztes Rennen im Januar 2002 in Katar. Dazwischen lag eine lange Durststrecke für den Tour-de-France-Sieger von 1997 mit zwei Knie-Operationen, einer Unfall-Flucht unter Alkohol-Einfluss und einer sechsmonatigen Doping-Sperre, die am 23. März auslief. «Endlich ist der ganze Stress vorbei. Ich bin heiß aufs Rennen und habe mich gut vorbereitet», sagte Ullrich, der am Morgen aus seinem Trainingslager in der Toskana an die Westküste Frankreichs gereist war, obwohl seine Lizenz-Erteilung noch in den Sternen stand. «Er soll ohne Schwierigkeiten mitrollen», gab Pevenage die sportliche Devise für die Etappen-Fahrt auf flachem Terrain aus.
«Die Bürgschaft über drei Monatsgehälter ist noch nicht belegt», hatte am Nachmittag noch ein UCI-Sprecher in Aigle/Schweiz gewarnt. Dann musste Coast-Chef Günther Dahms, der sich im Vormonat schon eine vorübergehende UCI-Sperre für das gesamte Team wegen Zahlungs- Schwierigkeiten eingehandelt hatte, schnell handeln. «Es gingen Faxe hin und her. Die UCI wird noch am Abend offiziell erklären, dass alles klar geht», sagte ein Coast-Sprecher. Vorher hatte ein Wirtschafts-Prüfungs-Unternehmen die Rechtmäßigkeit des Ullrich- Vertrages mit Coast bescheinigt. Der Doppel-Weltmeister im Zeitfahren hatte im Januar einen Drei-Jahres-Vertrag für angeblich rund fünf Millionen Euro unterschrieben.
Der Problem-Rennstall, der ausschließlich von dem Textil- Unternehmer Dahms (18 Läden in Nordrhein-Westfalen) finanziert wird, kommt nicht aus den Schlagzeilen. Erst erhielten die Essener ihre GS- I-Lizenz im Januar verspätet, dann folgte im März die Sperre, jetzt wurde der eigentlich formelle Akt der Absegnung des Ullrich-Vertrages zum komplizierten Parcours. Das Ullrich-Management sah sich hinter den Kulissen schon nach neuen Arbeitgebern um.
Vor zwei Wochen hatte der zweifache Tour-Zweite Alex Zülle (Schweiz) die Konsequenzen aus den Coast-Schwierigkeiten gezogen und sich vorzeitig vom Team getrennt, weil versprochene Zahlungen nicht eingehalten worden sein sollen. Einige spanische Profis wollen nach wie vor wegen angeblich rechtswidrig zurückgehaltener Zahlungen gegen die Teamleitung klagen.