Berlin (dpa) - Für Bundestrainer Peter Weibel war er «nicht teamfähig» und deshalb bei der WM im Vorjahr in Italien nicht am Start. Für Bjarne Riis ist Linus Gerdemann «das größte deutsche Talent seit Jan Ullrich».
Deshalb ist Gerdemann in im CSC-Team von Riis, das 2003 die Mannschaftswertung bei der Tour de France gewann, hoch willkommen. Der 22-jährige Jungprofi aus Münster tritt bei der französischen Radrundfahrt «Vier Tage von Dünkirchen» seinen Job beim Tour-Sieger von 1996 an.
«Der Kontakt kam über Jens Voigt zu Stande. Im Januar habe ich mich bei Riis in Lucca in der Toskana vorgestellt. Wir haben einen Zwei-Jahres-Vertrag gemacht, und seit Jahresbeginn trainiere ich nach der Riis-Methode. Das bedeutet vor allem sehr intensive Intervalle», erzählte Gerdemann, der bei seinem Abstecher in die Toskana nichts davon bemerkte, dass zur «Riis-Methode» auch die medizinisch-wissenschaftliche Betreuung bei Luigi Cecchini gehören soll, dessen Rat auch Ullrich sucht.
Bis zum 1. Mai fuhr Gerdemann noch im unterklassigen deutschen Akud-Team. Die Gesellenprüfung soll der deutsche U23-Meister jetzt bei CSC machen. «Ich bin ein Rundfahrer-Typ, der seine Stärken im Zeitfahren hat und bei langen Anstiegen», meinte Gerdemann, der nach Dünkirchen vor der Bayern-Rundfahrt ins zehntägige Höhentrainingslager nach Livigno/Italien fährt. Vielleicht wartet im September schon die erste große Bewährungsprobe bei der Spanien-Rundfahrt auf Gerdemann, der die WM-Ausladung immer noch als «reine Willkür» empfindet: «Der Kurs hätte mir gelegen.»
Gerdemanns Abschied vom Akud-Team beim Frankfurter Rennen «Rund um den Henninger Turm» war eindrucksvoll. Zusammen mit Fabian Wegmann (Gerolsteiner) und Matthias Kessler (T-Mobile) fuhr er über 100 km kraftvoll in einer Ausreißer-Gruppe. «Das ist ein Guter. Er kommt ja wie ich aus Münster. Er hat eine gute Wahl getroffen, zu Riis zu gehen», bekam Gerdemann Lob vom Berufskollegen Wegmann. Die CSC-Teammitglieder staunten nicht schlecht, als der Junge aus gutem Haus zum ersten gemeinsamen Training im Januar in Filmstar-Manier mit zahlreichen Luis-Vuitton-Koffern anreiste.
Wegmann und Gerdemann bilden zusammen mit Stefan Schumacher (Nürtingen/Shimano-Team), Eric Baumann (Rostock/T-Mobile), Patrik Sinkewitz (Fulda/Quick Step), Heinrich Haussler (Cottbus) und Markus Fothen (Karst/beide Gerolsteiner) den Stamm des deutschen Hoffnungs-Potenzials für die nicht mehr ferne Zeit nach Ullrich und Erik Zabel.