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John Degenkolb hofft, dass die Tour de France in diesem Jahr trotz Corona-Krise stattfindet. Foto: Lotto-Soudal
30.04.2020 15:03
Degenkolb zweifelt am Tour-Start Ende August

Oberursel (rad-net) - Am morgigen Freitag, dem 1. Mai, findet das Eschborn-Frankfurt Rennen in digitaler Form statt, ein Projekt, dass der Hessische Rundfunk (HR) angetrieben hat und in dem die Sieger des Vorjahres gegeneinander antreten wollen. Der deutsche Radprofi John Degenkolb hat im Interview mit der «Frankfurter Rundschau» von seiner Vorfreude auf die virtuelle Premiere seines «Heimrennens» und seinem Alltag während der Coronakrise berichtet.

Gemeinsam mit Pascal Ackermann (Bora-hansgrohe) und Alexander Kristoff (UAE-Team Emirates) will Degenkolb beim morgigen Rennen um den Tagessieg sprinten. Doch der Fahrer von Lotto-Soudal weiß auch, dass die virtuellen Wettbewerbe, neben einem gewissen Spaßfaktor, wichtig für den Radsport sind: «Ich freu mich darauf, dabei sein zu dürfen und mich mal wieder in der Öffentlichkeit zeigen zu können. Das ist gut für mich, aber auch für mein Team und unsere Sponsoren. Der deutsche Markt ist für sie sehr wichtig.»

Trotz der Freude über die Abwechslung der sonst isolierten Trainingseinheiten, berichtet der 31-Jährige jedoch, dass er, wie viele andere Profis, die realen Rennen auf der Straße vermisse. Das Training ohne explizites Ziel sei für ihn sehr anstrengend: «So ins Blaue hinein, ohne Ziel, ohne Zeitvorgabe, am Tag X wieder in Topform sein zu können, das ist nicht leicht.»

«Tag X», das meint den 29. August, an dem die Tour de France in Nizza anrollen soll, doch Degenkolb ist von einer Durchführung der Rundfahrt noch nicht gänzlich überzeugt. Das Problem der Wettbewerbsverzerrung sehe er zwar nicht, da es noch genügend Zeit bis zum Startschuss gebe, doch der fehlende Impfstoff und die andauernde Corona-Krise seien Anlass zum Zweifel am Start der Grand Tour im Sommer. «Ich bin da total zwiegespalten. Auf der einen Seite frage ich mich, warum starten wir nicht einfach durch und lassen ein paar Rennen laufen. Auf der anderen Seite versehe ich natürlich auch, dass wir weiterhin sehr vorsichtig sein müssen. Versetzen wir uns mal in die Lage eines Kollegen, in dessen Familie es Betroffene oder gar einen Todesfall gibt, da wäre ich der Letzte, der Druck macht und darauf drängt, durchstarten zu müssen», erklärt der Fahrer gegenüber der «FR».

Trotzdem sei die Durchführung der Tour de France für den Sport natürlich von essentieller Bedeutung. Da der Radsport von der Liquidität der Sponsoren und damit von einer intakten Wirtschaft abhänge, seien die Auswirkungen der Krise und des Lockdowns noch nicht gänzlich abzusehen, wenn auch zukünftig mit weniger Profiverträgen und Teams zu rechnen sei. «In der jetzigen Zeit kann auch mal ein kleinerer Sponsor in Schieflage kommen und sagen, wir müssen uns zurückziehen, sonst geht unsere Firma vor die Hunde. Diesem Unternehmer kann man keine Vorwürfe machen. In dieser Krise wird mir erstmals wirklich bewusst, von was und von wem der Profiradsport eigentlich lebt: Wir sind alle nur Werbefiguren», analysiert der Fahrer, dessen Teamsponsoren Lotto und Soudal jedoch derzeitig Entwarnung geben. Trotzdem sei die Tour für viele Teams «das Ereignis des Jahres» und biete den Sponsoren eine wichtige und lukrative Plattform.

Neben den Schwierigkeiten für den Sport, kann Degenkolb, der sich mitten im Umzug befindet, auch etwas Positives in der Krise finden. «Ich habe natürlich jetzt mehr Zeit, um den Umzug und den Umbau durchzuziehen. [...] Die Kinder sind nie eine Belastung, aber es ist auch nicht zu unterschätzen, wenn man zwei Kinder 24 Stunden an der Backe hat. Da weiß man es zu schätzen, wie gut und wichtig eine Kinderbetreuung ist», scherzt Degenkolb.

Liveticker: Aktuelle Informationen zum Coronavirus aus dem Radsport


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