Paris (dpa) - Kurt Stöpel, Dietrich Thurau, Rudi Altig, Hennes Junkermann, Rolf Wolfshohl, Jan Ullrich und Erik Zabel: Deutsche Radprofis schrieben mit am Helden-Epos Tour de France.
Die Faszination lässt kaum einen los, auch wenn sie schwer in Worte zu fassen ist. «Das kann man nicht erzählen, das musst Du erleben - diese Luft dort...», schwärmt Weltmeister und Fernseh-Kommentator Rudi Altig noch als 66-Jähriger.
Bis zu seinem Tod ließ Kurt Stöpel, am 7. Juli 1932 erster Deutscher im Gelben Trikot und in Paris hinter dem Franzosen André Leducq Zweiter, kaum eine Tour-Etappe im Fernsehen aus. Dabei stieg der Rentner aus Berlin-Spandau bis ins hohe Alter auf sein «Diamant»-Rennrad und kurbelte den Kreislauf an. Jan Ullrichs Parforceritt auf den Tour-Gipfel 1997, mit dem er Stöpels Rekord nach 65 Jahren löschte, erlebte der Berliner nicht mehr. Stöpel war kurz davor im Alter von 88 Jahren in einem Altenheim gestorben.
Auch 26 Jahre nach seinem Parforceritt durch Frankreich mit 15 Tagen im Gelben Trikot wirkt die Tour weiter wie ein Magnet auf Dietrich Thurau: «Bei der L'Alpe d'Huez-Etappe am 13. Juli bin ich mit der ganzen Familie. Ich habe für mich und meinen Sohn schon eine Fahrrad-Route über 100 Kilometer ausgearbeitet.» Der «größte persönliche Erfolg meiner Laufbahn» (Thurau) trägt mit bei zur außerordentlichen Anziehungskraft «des größten Radrennens der Welt», bei dem normalerweise auch die Besten komplett am Start sind - auch wenn diesmal Weltmeister Mario Cipollini fehlt.
Für Jan Ullrich wirkt die kommende Tour fast als Kur: Die «große Herausforderung» sorgte bei ihm dafür, dass er nach seinen Abstürzen im Vorjahr noch ein Mal die Kurve bekam. «So konnte ich nicht aufhören. Die Tour ist im Radsport nun mal das Maß aller Dinge. Vielleicht kann ich sie im nächsten Jahr noch ein Mal gewinnen. Diesmal sicher nicht, dazu war meine Vorbereitung zu chaotisch», meinte der Bianchi-Kapitän, der mit seinem Erfolg 1997 eine ganze Nation in einen Siegestaumel versetzte, ähnlich wie Boris Becker 1985 durch seinen Triumph in Wimbledon.
In den 60er und 70er Jahren hatten die Namen Altig, Junkermann, Wolfshohl und Thurau aus nationalem Blickwinkel den besten Klang. Altig war 1962 erster Deutscher im Grünen Trikot des Punktbesten, das Rekordhalter Zabel mittlerweile sechs Mal gewann. Junkermann wurde 1962 Gesamtvierter, Wolfshohl belegte 1968 Rang sechs. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren deutsche Profis erst 1955 wieder an den Tour- Start gegangen - als Mitglieder der luxemburgischen Nationalmannschaft.
Vor der 90. Auflage herrscht schon jetzt Vorfreude bei Altig, seit zehn Jahren als Fernseh-Co-Moderator Begleiter im Tross: «Tour - das ist Faszination: An jedem Tag in einer anderen Ecke Frankreichs, die Fahrer, die Medien, die Kollegen von früher». Er ist noch immer stolz: «Bei jedem meiner vier Tour-Starts habe ich Etappen gewonnen und das Gelbe Trikot getragen.» Der schlimmste Tour-Tag seiner Karriere? Altig: «Ich hatte nur schöne Erlebnisse.»
«Meinen Etappensieg 1977 in Pau und den Erfolg im Zeitfahren über Eddy Merckx werde ich nie vergessen», erinnert sich Immobilien- Makler Thurau, der als Geschäftsmann ähnliche Berg- und Talfahrten wie als Rennfahrer bewältigen musste, an seine größten Tour- Heldentaten. Die Franzosen verehrten ihn wegen seiner eleganten Fahrweise als «blonden Engel». Jacques Chirac, damals Bürgermeister von Paris, meinte: «Seit Konrad Adenauer hat keiner mehr für die deutsch-französische Freundschaft getan als 'Didi' Thurau.»