Figeac (dpa) - Die Tour de France ist nach dem positiv auf EPO getesteten Spanier Manuel Beltran wieder im Würgegriff des Dauer-Themas Doping.
Fahrer, Teammanager und Sponsoren reagierten vor dem Start der 8. Etappe in Figeac auf den ersten Dopingfall der diesjährigen Tour mit Unverständnis auf die «Dummheit» des 37-Jährigen vom Liquigas-Team. «Das war natürlich eine Dummheit von ihm. Wir haben keinen Bock auf so etwas», sagte Gerolsteiner-Profi Stefan Schumacher stellvertretend für einen Großteil des Pelotons. Beltran kehrte fast zeitgleich zurück in sein Heimatland Spanien, nachdem ihn die französische Polizei in der Nacht aus der Untersuchungshaft entlassen hatte. «Nach der Rückkehr des Dopings ist die Tour am Überkochen», titelte «Le Figaro».
Da die französische Polizei in Beltrans Hotelzimmer nach Auskunft eines Liquigas-Sprechers keine Doping-Präparate gefunden hat, wurde Beltran nach einer mehrstündigen Vernehmung am frühen Samstagmorgen um 3.00 Uhr wieder auf freien Fuß gesetzt. Somit droht ihm wohl auch keine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren, die das verschärfte französische Anti-Doping-Gesetz in diesem Fall vorgesehen hätte. Beltran plädierte für die «Unschuldsvermutung»: «Viele haben mich daran erinnert, dass es immer wieder Fälle gibt, in denen die B-Probe nicht die A-Probe bestätigt», ließ Beltran aus Spanien ausrichten, wohin der von seinem Team suspendierte Fahrer am Samstag Hals über Kopf aufbrach. Der Berg-Spezialist forderte «Rücksicht und die Unschuldsvermutung, bis das Ergebnis der B-Probe vorliegt».
Tour-Direktor Christian Prudhomme sieht in der positiven A-Probe des Spaniers einen Beweis, dass das neu installierte Kontroll-System unter Federführung der nationalen Anti-Doping-Agentur AFLD bei der 95. Frankreich-Rundfahrt funktioniert. «Die Tests waren effektiv und die AFLD arbeitet unabhängig», sagte Prudhomme vor dem Start der 8. Etappe in Figeac. In einem nur 20 Sekunden kurzen Statement bedauerte der Franzose im Nieselregen, dass nach den beiden Skandal-Rundfahrten 2006 und 2007 auch in diesem Jahr das Thema Doping wieder auf der Agenda des Rad-Klassikers stehe.
Vuelta-Direktor Victor Cordero kündigte laut «L'Équipe» bereits an, dass der Liquigas-Rennstall bei Bestätigung der positiven Probe von Beltran bei der am 30. August beginnenden Spanien-Rundfahrt nicht erwünscht sei. Liquigas hatte lange vor der Tour mit der Verpflichtung des wegen Dopings noch gesperrten Italieners Ivan Basso für 2009 eine umstrittene Neuverpflichtung getätigt. Basso war zusammen mit Jan Ullrich vor der Tour 2006 wegen Doping-Verdachts aus dem Verkehr gezogen worden. «Wer Basso sät, wird Beltran ernten», konstatierte Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer.
Die «L'Équipe» schrieb am Samstag von «fünf Fahrern», deren Hormonspiegel und Blutbilder erhebliche Auffälligkeiten aufwiesen. Die französische Sportzeitung, die im Verlag des Tour-Veranstalters ASO erscheint, äußerte in diesem Zusammenhang auch einen Doping-Verdacht gegen den Italiener Ricardo Ricco, der die 6. Etappe in Super-Besse gewonnen hat. Allerdings könnten seine markanten Werte natürlichen Ursprungs und damit durch die Angaben in seinem Gesundheitspass gedeckt sein. «Ricco ist ganz ruhig. Er hat nichts zu befürchten. Wir haben keine Mitteilung der AFLD erhalten», erklärte ein Sprecher von Riccos Team Saunier Duval. Am Freitagabend hatte die AFLD mitgeteilt, dass es bei «etwa 20 Profis» Test- Ergebnisse nahe am Grenzwert gegeben habe.
Der 37-jährige Beltran steht vor dem Ende seiner wechselvollen Karriere. Der Routinier ist als vierter früherer Edel-Helfer des Tour-Rekordsiegers Lance Armstrong als Dopingsünder überführt worden. Zuvor waren bereits die Amerikaner Tyler Hamilton und Floyd Landis (bis zu seiner Sperre Toursieger 2006) sowie der Spanier Roberto Heras positiv getestet worden. Der Berg-Spezialist Beltran füllte die Rolle des perfekten Helfers auch schon 2003 im Coast-Team für Ullrich aus. In den Mannschaften US Postal und Discovery Channel war «Triki» Beltran an vier der sieben Armstrong-Siege beteiligt.