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07.09.2006 09:54
Schänzer begrüßt "Erweiterte Blutbild-Kontrollen"

Berlin (dpa) - Die vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) beschlossenen umfangreichen Anti-Doping-Maßnahmen weisen nach Ansicht des Experten Wilhelm Schänzer gravierende Lücken auf.

Manipulationsbereite Athleten können seit Jahr und Tag Wachstumshormone zu sich nehmen, ohne eine Kontrolle fürchten zu müssen. «Die Situation ist unbefriedigend. Im Routinebetrieb wird nicht auf Wachstumshormone getestet», sagte der Leiter des Kölner Doping-Kontrolllabors. Zwar existieren bereits seit 1999 zwei Nachweisverfahren. Doch bis auf die kurzen olympischen Wochen im Sommer 2004 mussten Athleten diese Tests nicht fürchten.

Damals wurde das vom Berliner Forscher Christian Strasburger entwickelte Verfahren, das das unterschiedliche Molekülgewicht von künstlichem und körpereigenem Wachstumshormon (HGH) misst, eingesetzt. Es lieferte bei rund 300 Proben kein positives Ergebnis, was kaum verwundert, denn mit ihm lässt sich nur ein HGH-Missbrauch in den letzten drei Tagen vor dem Test feststellen. Das britische Sönksen-Verfahren kann hingegen eine bis zu drei Monate zurückliegende Einnahme nachweisen. Doch ist dieses Verfahren noch immer nicht offiziell zugelassen.

Das Strasburger-Verfahren liegt auf Eis, weil die Antikörper fehlen, um es flächendeckend einzusetzen. Es ist auch eine Frage des Geldes, die Antikörper vom Hersteller zu besorgen. Für die vom BDR angekündigten, erweiterten Blutbild-Kontrollen, die Schänzer als «abschreckende Maßnahme» begrüßt, hält er aus der Erfahrung einer Studie seines Labors für den Leichtathletik-Verband verschiedene Kriterien für sinnvoll.

Laut Schänzer sollten «neben dem Hämatokritwert und dem Hämoglobin auch andere Parameter, wie etwa die Retikulozyten - junge rote Blutkörperchen - untersucht werden. Um ein aussagekräftiges Bild zu erhalten, muss man das ganze Jahr über testen. Zehn bis zwölf Proben pro Athlet pro Jahr sind angebracht, ein 14-tägiger Abstand in den entscheidenden Phasen ist durchaus sinnvoll.»

Wachstumshormone können nur im Blut nachgewiesen werden. Angeblich soll auch Jan Ullrich auf einer von der spanischen Guardia Civil dokumentierten «Bestellliste» HGH bei dem Madrider Gynäkologen Eufemiano Fuentes geordert haben. Der Mediziner ist die Schlüsselfigur der spanischen Doping-Affäre, die mittlerweile auch nach Deutschland übergeschwappt zu sein scheint.

Schänzer hob hervor: «Die Blutentnahme muss überraschend erfolgen. Wenn der Sportler drei Wochen Zeit hat, kann er Präparate leicht absetzen und der Kontrolle entgehen.» Die Daten sollten, so Schänzer, allerdings vertraulich bleiben: «Sie sind vielfältig interpretierbar. Das Monitoring soll von unabhängigen Ärzten durchgeführt werden. Am besten geeignet, auch im Sinne einer internationalen Harmonisierung, wäre dafür die nationale Anti-Doping-Agentur NADA.»

Vom BDR waren keine Auskünfte über die detaillierte Umsetzung des Maßnahme-Katalogs zu erhalten. «Wir befinden uns noch im Gespräch mit den verantwortlichen Ärzten», sagte BDR-Mitarbeiter Andreas Götz. Er versicherte jedoch: «Die Auswertung der Ergebnisse der Blutkontrollen wird von unabhängigen Ärzten bewertet. Sie sind in keiner Weise vom Verband abhängig.»


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