Rom (dpa) - Ungeduldig auf Post vom Weltverband UCI warten Rennfahrer wie Jan Ullrich, Allan Davis oder Jörg Jaksche. Sie sind in die Dopingermittlungen von Madrid verstrickt, erhoffen sich aber einen Freispruch von jeglichen Verdächtigungen.
In halb Europa und in Übersee warten Radsport-Funktionäre, die endlich die Basis für Verfahren gegen die ihren Verbänden zugehörigen Sportler haben wollen, auf den Postboten.
Ein einziges Dossier zum spanischen Dopingskandal um die Mediziner Eufemiano Fuentes und José Merino Bartres hat bislang den Adressaten erreicht. Das Belastungsmaterial zu Ivan Basso aus der Jens Voigt-Mannschaft CSC ist beim italienischen Radsportverband Federciclismo eingegangen. Präsident Renato di Rocco hat als Termin der ersten Anhörung vor dem Disziplinarausschuss des Nationalen Olympischen Komitees Italiens (CONI) den 29. August bekannt gegeben.
Ob das Verfahren auch an diesem Tag abgeschlossen wird, vermag er nicht zu sagen: «Wir werden gründlich und unter Beachtung aller rechtsstaatlichen Prinzipien prüfen, schließlich steht einiges auf dem Spiel». Die UCI bereitet nach Auskunft von Sprecher Enrico Carpani derzeit mehr als 50 Einzeldossiers vor. «Wir müssen die einzelnen Fakten aus mehr als 600 Seiten herausfiltern und für jeden einzelnen Sportler aufbereiten. Das kostet Zeit.» 58 Radprofis sollen Kunden des spanischen Netzwerkes gewesen sein, der Großteil ist namentlich bekannt.
Der Briefkasten blieb bis Wochenmitte auch in Prag leer, wo der tschechische Verband sich nach bisherigen Veröffentlichungen mit den Ex-Liberty Seguros-Fahrern Jan Hruska und René Andrle auseinander zu setzen hat. «Keine Post aus der Schweiz», konstatierte auch Gennie Sheer, Pressesprecherin von Australia Cycling. Der Verband hatte Anfang Juli als erste nationale Radsport-Vertretung angekündigt, eine Untersuchung gegen Allan Davis (Astana) einzuleiten.
Der Österreichische Radsport-Verband (ÖRV) muss entscheiden, ob das Belastungsmaterial gegen Jörg Jaksche aus Ansbach ausreicht. «Ist die Decke zu dünn, können wir kein Verfahren eröffnen», sagte ÖRV-Generalsekretär Rudolf Massak. Er sieht die Verbände von der UCI allein gelassen: «Die ProTour hat sich ihr eigenes Instrumentarium geschaffen, aber den Sanktionsapparat vergessen. Wir müssen jetzt diese Lücke schließen.» Massak sieht Prozesse auf die Verbände zukommen, die sie überfordern könnten.
«Gewöhnlich wird ein Sportler wegen Dopings gesperrt, wenn ein Dopingtest negativ war oder man ihm eine unerlaubte Methode nachweisen konnte», sagte Massak. Nach den bisherigen Erkenntnissen handelt es sich bei den Verfahren, die aus den Ermittlungen der «Operacion Puerto» resultieren, jedoch um einen indirekten Nachweis durch Indizien. «Das ist neu für uns», meinte Massak.
Gerhard Walter, Präsident der Disziplinarkammer bei Swiss Olympic und damit Richter über den in der Schweiz ansässigen und mit dortiger Lizenz ausgestatteten Ullrich, sieht in einem Indizienprozess dagegen kein Problem: «Wie im normalen Strafrecht existiert auch hier diese Möglichkeit. Der Anti-Doping-Code, unter den sich alle ProTour-Teams gestellt haben, stellt den Versuch einer unerlaubten Methode unter Strafe.» Swiss Olympic hat zuletzt den Fall Danilo Hondo behandelt und den Radprofi ein Jahr gesperrt - allerdings lagen zwei positive Kontrollergebnisse vor.