Berlin (dpa) - Jan Ullrich, der am 25. April nach überstandener Kniereizung verspätet in die Saison startet, stehen schwere Tage bevor. Die erste Häme wegen angeblichen Übergewichts und fehlender Motivation hat er schon hinter sich.
Die Tour de Romandie, die in Genf mit einem harmlosen 3,4 Kilometer langen Prolog beginnt, steht dem 32-Jährigen noch bevor. 7393 Höhenmeter und zehn Bergwertungen sind zu bewältigen. «Der Weg wird hart. Meine ersten intensiven Kilometer habe ich erst vor ein paar Tagen gefahren - die taten weh, aber ich muss jetzt Rennen fahren», sagte Ullrich in der ARD-Sportschau kurz vor der Reise nach Genf.
«Jan will ab 6. Mai unbedingt den Giro d'Italia als Tour-Vorbereitung fahren. Also braucht er davor notgedrungen die Romandie, um Wettkampf-Kilometer zu sammeln. Er muss sich da durchquälen - die Motivation stimmt», sagte sein Teamchef und Betreuer Rudy Pevenage vor der schweren Fünf-Etappen-Fahrt, die nach dem Auftakt auf flachem Parcours täglich die Schweizer Bergwelt erkundet. Der 52-jährige Belgier kennt den Wahlschweizer genau und kann ermessen, was auf den T-Mobile-Kapitän zukommt - zumal Form und Wettkampfgewicht nach der Verzögerung durch die inzwischen überwundenen Knie-Probleme kaum wunschgemäß sein können.
«Er hat zehn Kilo zu viel», erkannte Ullrichs früherer Team- Kollege und Vorgänger als Toursieger, Bjarne Riis. Der Däne, inzwischen als CSC-Teamchef höchst erfolgreich, hatte Ullrich vor ein paar Tagen beim Training in der Toskana getroffen und seine Eindrücke der dänischen Zeitung «BT» geschildert. Ullrich sei ihm vorgekommen, wie einer, der gar kein Radprofi mehr sein möchte. Die Einschätzung als taktisches Geplänkel abzutun, um den eigenen Tour-Favoriten Ivan Basso zu stärken - so schätzte Udo Bölts die Riis-Kritik nicht ein.
«Dazu ist Bjarne zu ehrlich. Er sagt immer das, was er denkt», meinte Ullrichs ehemaliger Mitfahrer bei Telekom und äußerte in einem Interview mit dem Internetanbieter «Radsport-News» ebenfalls Skepsis in Bezug auf den angestrebten zweiten Toursieg im Jahr eins nach Lance Armstrong. «Ich wünsche Jan, dass das alles klappt», sagte Bölts, der der nationalen T-Mobile-Konkurrenz Gerolsteiner als Teilzeit-Teamchef dient. Pevenage wollte zur Riis-Kritik «nichts sagen».
Mit Alexander Winokurow hatte sich am Wochenende ein dritter ehemaliger Bonner Arbeits-Kollege von Ullrich zu Wort gemeldet. In einer Pressekonferenz vor Lüttich-Bastogne-Lüttich erinnerte der Kasache an offensichtliche Formfindungs-Schwierigkeiten des deutschen Ausnahme-Radprofis. An eigenen Ambitionen im Juli ließ der 32-jährige Winokurow, der T-Mobile im Vorjahr Richtung Liberty Seguros verließ, keinen Zweifel: «Ich bereite mich diesmal 100-prozentig auf die Tour vor. Im Vorjahr sagte ich, dass ich noch zwei Jahre die Chance auf einen Sieg habe.»