Karlsruhe (dpa) - Weniger Zuschauer als erwartet, aber dennoch eine Riesenstimmung: Die deutschen Radsportfans haben den ersten Auftritt der Tour de France in Deutschland seit drei Jahren zu einem Spektakel gemacht. Lob kam sogar von höchster Stelle.
«Jedes Mal wenn die Tour in Deutschland ist, war es eine Riesenfreude», sagte Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc nach der 7. Etappe in Karlsruhe. Dass die erhofften Zuschauerzahlen nicht ganz erreicht wurden, tat der Stimmung an der Strecke keinen Abbruch. In Karlsruhe säumten weniger als die erhofften 500 000 Radsportfans die Straßen des Zielortes. Die Polizei ging aber von rund einer halben Million Zuschauer auf dem gesamten deutschen Streckenteil aus.
Erst kurz vor der Ankunft der Fahrer stellten sich viele Neugierige an den Straßenrand und feierten den Tour-Tross wie kaum anderswo. «Es war abartig, wie viele Zuschauer da waren. In Rastatt standen sie fast in 20er-Reihen», sagte der Gerolsteiner-Fahrer Fabian Wegmann, der mehr als 170 Kilometer lang alleine vor dem Hauptfeld gefahren und dafür frenetisch gefeiert worden war. Der Star des T-Mobile-Teams, Jan Ullrich, war überwältigt: «Gigantisch».
Bis zum frühen Nachmittag hatten nur wenige Wohnmobile an der Strecke in den grenznahen Gebieten außerhalb der Stadt geparkt. Die Polizei hatte gar nur einen einzigen Schriftzug auf den Straßen zwischen Rhein und Karlsruhe ausgemacht - und dieser war auch noch unleserlich. Noch bevor der Tour-Tross den Rhein überquert hatte, stellte die zuständige Polizei fest: «Zwischen den Ortschaften ist fast noch gar nichts los und auch im Gebiet Karlsruhe haben wir keine Menschenmassen festgestellt.»
Im Zielbereich harrten schon einige Stunden vor dem Finish mehrere tausend Radsport-Anhänger aus. Als die ersten Wagen der Werbekarawane kurz vor dem Ziel abbogen, füllte sich die rund 3500 Zuschauer fassende Tribüne. Über die Lautsprecher hatten die meisten Zuschauer mitbekommen, dass Wegmann bis kurz vor dem Ziel alleine unterwegs war, dennoch überwogen die Fähnchen und Transparente für das T- Mobile-Team um Kapitän Jan Ullrich. Der Applaus der Zuschauer am Ziel galt vor allem Ullrich, Wegmann und dem australischen Sprintsieger Robbie McEwen.
Karlsruhe, nach 1987 zum zweiten Mal Etappenort des Radklassikers, hatte sich einiges einfallen lassen, um die Menschen in die ehemalige badische Residenz zu locken. Konzerte von Seal und Mariah Carey, eine Fahrrad-Messe und «Die Tour von oben»: Für einen Euro konnte man sich vor der Ankunft der Fahrer einen Blick über die vier Kilometer lange Zielgerade erkaufen - von einem Kran aus.
Die Terroranschläge von London wirkten sich kaum auf die Stimmung der Fans aus. Auch die Polizei hatte die Sicherheitsmaßnahmen nicht verstärkt. «Es gibt keine Hinweise auf Zwischenfälle, die Zahl der Beamten wird nicht erhöht», sagte ein Polizeisprecher.