Oberhof/Dresden (dpa) - Die Affäre um die vier aus der Nationalmannschaft ausgeschlossenen Bahnrad-Fahrer beschäftigt nun auch die Politik. Nachdem Bundesverteidigungsminister Peter Struck eine Prüfung über den künftigen Status der Sportsoldaten Christian Bach (Erfurt) und Sebastian Siedler (Gera) angekündigt hat, setzte sich Sachsens Wissenschafts- und Kunstminister Matthias Rößler mit einem Gnadengesuch für Jens Lehmann (Leipzig) ein.
«Geben Sie Jens Lehmann eine Chance zur Rückkehr in die Nationalmannschaft und zum Start bei den nächsten Olympischen Spielen», schrieb der ehemalige Kultusminister in einem Brief an Sylvia Schenk, Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Rößler erinnerte in seinem Schreiben an die zahlreichen Erfolge des 35-jährigen Olympiasiegers Lehmann und brachte dessen zweijährige Auswahl-Sperre in Zusammenhang mit der Leipziger Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012.
«Bitte berücksichtigen Sie Lehmanns Erfolge, die dem deutschen Radsport und dem Sport ganz allgemein seit Jahren Glanz verliehen haben. Ich gebe auch zu bedenken, dass Fragen gestellt werden, wie das Olympia-Bewerberland Deutschland mit seinen Sportlern und Olympia-Fürsprechern umgeht», schrieb der sächsische Staatsminister. Er würde sich freuen, wenn der BDR seine Entscheidung nochmals prüft und sei sicher, dass eine mildere Bewertung dem BDR Pluspunkte bringt.
Zuvor hatte Verteidigungsminister Struck am Rande seines Besuchs der Sportfördergruppe Oberhof Siedler und Bach Hoffnungen auf einen Erhalt ihres Status als Sportsoldaten gemacht. «Nicht der Verband entscheidet das, sondern wir. Wenn das Soldaten betrifft, werde ich mir die Sache genau ansehen», erklärte Struck. Durch ihren Ausschluss aus der Nationalmannschaft bis Ende 2003 (Bach) und bis 31. August 2004 (Siedler) gehören beide keinem BDR-Kader mehr an. Stellen als Sportsoldaten sind nur Kader-Athleten vorbehalten.
Mit den Auswahl-Sperren für Bach und Siedler sowie Lehmann und den Erfurter Bianchi-Profi Daniel Becke (beide bis 31. August 2005) hatte der BDR deren Start-Boykott im Vierer bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart geahndet. Ihr Trainer Jens Lang als Urheber der Weigerung, gemeinsam mit Robert Bartko (Potsdam) und Guido Fulst (Berlin) anzutreten, hatte von seinem Arbeitgeber, dem Olympiastützpunkt (OSP) Thüringen, eine Abmahnung erhalten.