Bordeaux (dpa) - Beim Zeitfahren steht die Aerodynamik zur Debatte, auf Bergetappen das Gewicht des Rades. Deshalb sind die speziellen Zeitfahr-Maschinen nicht leichter als die normalen Straßenräder.
«Jans Rad wiegt etwa neun Kilo und ist aus Carbon». Mehr ist seinem Bruder Stefan, zu DDR-Zeiten Top-Leichtathlet bei Empor Rostock, heute Mechaniker beim Team Bianchi, zum Thema nicht zu entlocken. Ullrichs Dienstfahrzeug für den entscheidenden Kampf gegen die Uhr, erst kurz vor dem Mannschaftszeitfahren in Frankreich eingetroffen, wurde in Schaffhausen/Schweiz von Andreas Walser gefertigt. Die Lackierung belegt natürlich die Bianchi-Provenienz. Genauso wurde bei Telekom verfahren. Zeitfahrräder der FES-Schmiede aus Berlin firmieren unter dem Namen des Team-Ausrüsters Pinarello.
Gerolsteiner verfügt über die gleichen Spezial-Räder wie Ullrich. «Der Hinterbau und das Tretlager sind schmaler», erklärte Teamchef Hans-Michael Holczer den Hauptunterschied zum herkömmlichen Straßenrad. Außerdem werden beim Zeitfahren je nach Windverhältnissen aerodynamische Scheibenräder, je nach Terrain höhere Übersetzungen und die einst von den Triathleten übernommenen Lenker montiert.
Die hatte 1989 der dreifache Toursieger Greg LeMond im Straßenradsport hoffähig gemacht. Vielleicht auch dank dieser technischen Neuheit gewann der Amerikaner das letzte Zeitfahren auf die Champs Elysees und nahm dem Franzosen Laurent Fignon noch den sicher geglaubten Toursieg um acht Sekunden ab. Geringer war nie ein Vorsprung in 100 Jahren Tour de France.
Nicht nur die im Windkanal getestete optimale Körperhaltung und Spezial-Fahrräder können im Zeitfahren Sekunden bringen. Lance Armstrong wirkte mit an der Entwicklung eines speziellen Helms und an einem von Leichtathleten und Schwimmern übernommenen Zeitfahr-Dress. Der Sponsor Nike stellte einen einteiligen Rennanzug her, der am besten in gebückter Rennhaltung sitzt. Aufrichten fällt schwer. Zum normalen Outfit aus Trikot und Rennhose soll er auf 50 km bis zu 60 Sekunden Zeit-Ersparniss bringen.
Beim Zeitfahren nach Cap Découverte, das Armstrong gegen einen entfesselten Ullrich mit 1:34 Minuten Rückstand verloren hatte, war alle Raffinesse vergeblich. Am Oberschenkel war eine Naht geplatzt und bot dem Wind Angriffspunkte.