Berlin/Padua (dpa) - Gerolsteiner-Kapitän Davide Rebellin und 39 weiteren Rad-Profis, Medizinern und Betreuern wird in Padua der Doping-Prozess gemacht. Mit Ellis Rastelli, Gianni Faresin und Daniele Contrini sind drei weitere italienische Fahrer des deutschen GSI-Teams Gerolsteiner, im Juli zum ersten Mal für die Tour de France qualifiziert, im Bannstrahl der Justiz.
Team-Chef Hans Holcer sieht aber keine Gefahr für die Tour: «Wir sind sportlich qualifiziert. Daran führt kein Weg vorbei. Wenn die Franzosen uns ausladen wollen, würden wir mit allen Schritten dagegen vorgehen», sagte er.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten beim Giro d'Italia 2001 Sportbetrug, Verstoß gegen das Doping-Gesetz und illegalen Handel mit Arzneimitteln vor. In dem Prozess, der nach einem Bericht der «La Gazzetta dello Sport» im nächsten Jahr beginnen soll, drohen den Rennfahrern Haftstrafen von bis zu drei Jahren. Doping-Dealer und Ärzte können mit bis zu sechs Jahren Haft bestraft werden.
Neben Rebellin gehören auch der zweifache Giro-Sieger Ivan Gotti Sergej Gontschar (Ukraine), Endrio Leoni und Marco Villa (beide Italien) zu den Angeklagten. Staatsanwältin Paola Cameran hatte ihre Ermittlungen vor vier Jahren begonnen, als beim Sportmediziner Enrico Lazzaro Doping-Mittel gefunden wurden, die offensichtlich im großen Stil an Rennfahrer verteilt wurden. Dabei handelte es sich um Wachstumshormone, Kortison-, Testosteron- und Coffein-Präparate. Auch das Blutdoping-Mittel EPO wurde gefunden.
Bei der Ausweitung der Ermittlungen geriet auch Gotti ins Visier der Fahnder. Beim Giro 2001 observierte die Polizei das Wohnmobil seiner Verwandten, die dem Giro-Tross von Etappe zu Etappe folgten und Gotti und seine Kollegen offenbar mit Doping-Mitteln versorgten. Einige Tage filmten die Polizisten Gotti bei regelmäßigen Besuchen im Wohnmobil und hörten eindeutige Gespräche des Rad-Profis ab. Bei der Durchsuchung des Campers wurden große Mengen verschiedener Doping- Substanzen sichergestellt.
Danach folgte die große Giro-Razzia in San Remo, wo Rebellin allerdings nicht mehr im Rennen war. Bei Durchsuchungen von Team- Fahrzeugen und Hotel-Zimmern wurden weitere Doping-Mittel gefunden. Auch die Florentiner Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen abgeschlossen. Nach Informationen der «Gazzetta» wird in den nächsten Tagen gegen 53 Rad-Profis, Mediziner und Betreuern Anklage wegen Dopings erhoben.
«Diese Anklage bringt nichts Neues zu Tage und wird in Italien als eine Art Schlusspunkt nach Abschluss der Sportgerichtsbarkeit verstanden. Ich gehe davon aus, dass gegen Rebellin und unsere anderen Fahrer keine Doping-Beweise vorliegen. Wenn Doping erwiesen wird, würden wir die Betroffenen fristlos kündigen, wie es in unseren Verträgen steht. Da zucke ich gar nicht», sagte Holcer.
Auch Rebellins neuen Team-Kollegen Udo Bölts (Heltersberg), zurzeit im Trainingslager in Südafrika, warf die Nachricht nicht aus der Bahn: «Ich gehe davon aus, dass das keinerlei Einflüsse auf unser Tour-Team haben wird. Wie Doping-Prozesse in Italien laufen, hat doch die Vergangenheit gezeigt. Ich rechne nicht mit Verurteilungen.»