Berlin/Bergamo (dpa) - Paolo Bettini holte den Weltcup, Gerolsteiner fuhr an Telekom vorbei, und Mario Cipollini war für die Showeinlagen zuständig: Das große Saisonfinale bei der 96. Lombardei-Rundfahrt, die der Italiener Michele Bartoli am Samstag nach 251 Kilometern gewann, bot eine breite Palette.
Der 28-jährige Italiener Bettini brauchte im zehnten und letzten Weltcup-Rennen keine Punkte mehr, um seine Gesamtführung mit 279 Punkten vor dem in der Lombardei fehlenden Johan Museeuw (Belgien/270) zu verteidigen. Weltranglisten-Spitzenreiter Erik Zabel, seit einer Woche im Urlaub, belegte in der Endabrechnung der Weltpokal-Wertung mit 86 Punkten Rang 14.
Der zweite Platz des Gerolsteiner-Kapitäns Davide Rebellin hinter Bartoli bescherte seinem Team das schöne Gefühl, den nationalen Branchenführer Telekom in der erscheinenden Mannschafts-Weltrangliste überholt zu haben. «Gerolsteiner ist Elfter, wir Zwölfter, aber Punkte sagen nicht alles. Ich bin nicht froh darüber - ein Problem ist das aber nicht. Wir hatten eben kein gutes Jahr und im Gegensatz zu sonst oft viel Pech», nahm es Telekom-Manager Walter Godefroot wie ein fairer Sportler. Bei der Sportleiter-Sitzung am Sitz des Weltverbandes in Aigle/Schweiz hofft er, am Montag bei der gewünschten Verpflichtung des Kelme-Profis und Zeitfahr-Weltmeisters Santiago Botero (Kolumbien) entscheidend voran zu kommen.
Gerolsteiner-Teamchef Hans Holcer hatte die neueste Entwicklung in der Weltrangliste nicht so gut verkraftet. Er legte sich krank ins Bett. Seinem sportlichen Leiter Rolf Gölz war der Stolz anzuhören: «Jetzt müssen wir nicht mehr betteln, um in die wichtigen Rennen zu kommen. Wir sind automatisch dabei. Das ist ein schönes Gefühl und Ergebnis einer sehr guten Saison.» Der erstmalige Start bei der Tour de France, die im kommenden Jahr ihren 100. Geburtstag feiert, stand schon vorher fest. Bei der ersten Nominierungs-Runde bei der Strecken-Präsentation in Paris werden alle drei deutschen Top-Teams, Coast (Weltranglisten-Platz sechs), Gerolsteiner (elf) und Telekom (zwölf) die Tour-Einladung erhalten.
Auch als Nicht-Aktiver war Weltmeister Cipollini beim Saisonfinale in Norditalien für die große Show zuständig. Weil er auf dem anspruchsvollen Kurs ohnehin keine Chance gehabt hätte, stieg «Super-Mario» in Jeans und weißem Pullover lieber ins Auto, das ihn zu der an der Renn-Strecke liegenden Kirche Madonna di Ghisallo brachte. Die Kapelle auf dem Hügel am Comer See ist ein Wallfahrtsort für italienische Radsport-Fans. Fausto Coppi grüßt von einem Denkmal- Sockel. Mit einem großen Presse-Tross im Gefolge legte Cipollini sein vor einer Woche in Zolder/Belgien gewonnenes Regenbogentrikot auf den Altar der kleinen Kirche. Er hatte Tränen in den Augen.