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Ein Blick auf die ZDF-Technik während der Tour de France. Foto: dpa
16.10.2008 18:18
ARD und ZDF demnächst ohne Live-Bilder von der Tour de France

Hannover (rad-net) - Die ARD steigt aus der Live-Berichterstattung der Tour de France aus. Damit reagierte das Erste als erster öffentlich-rechtlicher TV-Sender auf die erfolgreiche Doping-Fahndung mit entsprechenden Enthüllungen im Radsport. Das Geständnis des Österreichers Bernhard Kohl, das seinen Kollegen Stefan Schumacher aus dem Gerolsteiner-Team massiv unter Druck setzte, war der Tropfen auf den heißen Stein. «Die Intendanten sind stinkwütend, zumal Kohl zu der neuen und sauberen Generation im Radsport gezählt wurde», erläuterte ARD-Sprecher Peter Meyer den «einstimmigen Beschluss» der neun Intendanten und Intendantinnen auf einer Klausurtagung in Köln. Das ZDF schloss sich erwartungsgemäß der Haltung an.

«Wir werden die Tour de France nicht ohne die ARD übertragen», versicherte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender in einer ersten Reaktion. Über die rechtlichen Konsequenzen wollen beide Sender mit der Europäischen Rundfunk Union (EBU) sprechen. «Der sportliche Wert der Tour de France hat sich aufgrund der gehäuften Dopingfälle und der daraus gewonnenen Erkenntnisse erheblich reduziert. Damit ist auch der programmliche Wert stark gesunken», verteidigte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff den Verzicht auf die üblichen Live-Übertragungen der Tour-Etappen am Nachmittag.

Beide Sender wollen aber in Kurzberichten in ihren Nachrichten- und Sportsendungen über die bedeutendste Radsport-Veranstaltung der Welt berichten. Eine Einschränkung der umfangreichen Berichterstattung von anderen Sportveranstaltungen wie Olympischen Spielen, Fußball-Turnieren oder dem Ski-Sport stand offenbar nicht zur Diskussion. Die EBU hatte erst in diesem Sommer einen neuen Dreijahresvertrag bis 2011 mit dem Tour-Organisator ASO abgeschlossen. Der Vertrag soll alle Mitglieder binden, also auch ARD und ZDF. Darüber gibt es aber unterschiedliche Auffassungen.

Neue Doping-Enthüllungen seien nicht automatisch ein Grund zum Ausstieg des europäischen Senderverbundes aus dem neuen Vertrag, hieß es bei der EBU. Es gebe aber einen «strikten Katalog», der es der EBU erlaube, bei einem Fehlverhalten der ASO auszusteigen. Gerade die Amaury Sport Organisation (ASO) hatte sich allerdings zuletzt durch eine bis auf wenige Ausnahmen strikte und taktisch geschickte Anti-Doping-Politik und Doping-Fahndung hervorgetan.

Der Ausstieg bei der Frankreich-Schleife dürfte auch Konsequenzen für andere Radrennen haben. Das Thema wurde aber beim Intendantentreffen in Köln nicht abschließenden behandelt.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) begrüßte das Ende der Live-Berichte über die Tour. «Dieser Schritt war nach den Dopingvorwürfen der letzten Tage unvermeidlich», erklärte der DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Die Zuschauer wollten Sport- Veranstaltungen im Fernsehen verfolgen, bei denen Höchstleistungen und nicht Blutproben und deren Auswertungen im Mittelpunkt ständen. Aus dieser Sicht betrachtet wird dem Radsport offenbar gerade seine hohe Aufklärungsquote zum Verhängnis.

Der Spartensender Eurosport will ungeachtet der aktuellen Entwicklung auch künftig vom Radsport berichten. Bereits bei der Tour de France 2007 hatte der Sportkanal - im Gegensatz zu ARD und ZDF - seine Berichterstattung trotz des Dopingfalls Patrik Sinkewitz fortgesetzt. Die beiden öffentlich-rechtlichen Sender waren damals ausgestiegen, Sat.1 hatte kurzfristig übernommen - und schlechte Quoten erzielt.

Mit ihrer heutigen Entscheidung sprechen die Intendanten der ARD ausgerechnet gegen die Sportart einen Bann aus, die das derzeit fortschrittlichste Doping-Kontrollsystem installiert und die entsprechend offenbar derzeit höchste Aufklärungsquote erreicht. «In welcher Sportart wird drei Monate nach einem Wettkampf in Blutproben herumgestochert. In keinem anderen Sport sind die Testmethoden so modern wie im Radsport. Wenn die Tour de France das Kontrollsystem der Fußball-Weltmeisterschaft hätte, gäbe es keinen Positiven. Ist ja auch klar, wenn mit zehn Jahre alten Testmethoden kontrolliert wird. Mit den Tests der Tour gäbe es auch im Fußball und anderen Sportarten viel mehr Positive. Es ist schwer zu glauben, aber der Radsport ist eine der saubersten Ausdauer-Sportarten. Die Bevölkerung glaubt es nur nicht, weil es so viele Fahrer überführt werden. Bei den vielen Tests ist das aber logisch», so Doping-Sünder und Kronzeuge Patrik Sinkewitz.

Für Rudolf Scharping ist die neuerliche Entwicklung eine Aufforderung für eine weitere Verstärkung des Engagementes gegen Doping und für den Sport: «Die Botschaft ist natürlich bedauerlich», so Deutschlands oberster Radsportler. «Zehn Jahre Aufbauwerk sind durch einige unverbesserliche Betrüger und deren Netzwerke fast zerstört, wir stecken mitten in einem Überlebenskampf», so Scharping.


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