Madrid (dpa) - «Mir geht's schlecht. Ich fühle mich wie aufgebläht und kann nicht mehr atmen.» Dies waren die letzten Worte des Italieners Alessio Galletti vor seinem Tod beim Radklassiker «Subida al Naranco» bei Oviedo in Nordspanien.
15 Kilometer vor dem Ziel stieg der 37-jährige Profi vom Rad, dann brach er wie vom Blitz getroffen zusammen und stürzte auf das Pflaster.
Der Spanier Javier Líndez, der neben dem Italiener gefahren war, versuchte, den Fahrer vom Team Naturino-Sapore de Mare mit einer Herzmassage wiederzubeleben. «Dazu lieh ich mir von einem Zuschauer ein Handy und ließ mir von meiner Freundin, die Krankenschwester ist, Anweisungen geben», berichtete Líndez. Ein Polizist unternahm eine Mund-zu-Mund-Beatmung, aber vergebens. Als der Notarztwagen kam, war «il gallo» (der Hahn), wie man den Italiener mit der blonden Mähne genannt hatte, nicht mehr zu retten.
Galletti starb gestern vermutlich an Herz- und Atemstillstand, ähnlich wie die Fußballer Marc-Vivien Foé (Kamerun) oder Miklos Feher (Ungarn), die 2003 und 2004 Opfer eines «plötzlichen Herztodes» geworden waren. Der Italiener hatte nie zu den Großen des Radsports gehört. In seiner zwölfjährigen Profi-Karriere gewann er nur vier Mal eine Etappe bei weniger wichtigen Rennen. Er war immer nur «Wasserträger» gewesen. Seine größte Zeit hatte er von 1999 bis 2004 an der Seite von Sprinterkönig Mario Cipollini.
Auch in seinem letzten Rennen fuhr Galletti mit einer kleineren Gruppe hinter der Konkurrenz her. Möglicherweise wurde ihm dies sogar zum Verhängnis. Denn der Notarztwagen hatte sich vor diesen Fahrern beim Hauptfeld befunden. Nach den Vorschriften durfte er nicht umkehren und auf der Rennstrecke in entgegengesetzter Richtung zurückfahren. Daher musste aus Oviedo ein zweiter Notarztwagen angefordert werden, der mehr als eine halbe Stunde später eintraf.
«Galletti war Rennen nur noch aus Leidenschaft gefahren», berichtete sein Ex-Teamgefährte Giovanni Lombardi. «Er hatte es eigentlich nicht mehr nötig gehabt.» Seine Frau Consuelo betreibt eine gut gehende Eisdiele in der Nähe von Pisa. Sie hat einen einjährigen Sohn und erwartet ihr zweites Kind.
Im vorigen Jahr war Galletti beim Giro d'Italia einer der Fahrer gewesen, deren Quartiere die Polizei bei einer Anti-Doping-Razzia durchsuchte. Der Grund war, dass die Fahrer mit einem Arzt zusammengearbeitet hatten, der mit verbotenen Substanzen gehandelt haben soll. Die Polizei fand jedoch nichts Verdächtiges. «Wir können nur hoffen, dass Galletti eines natürlichen Todes starb und nichts Irreguläres im Spiel war», meint der spanische Ex-Profi José Antonio González Linares. «Der Radsport durchlebt ohnehin eine schwere Zeit.»