Troyes/Bar-sur-Aube (dpa) - Zerfetzte Rennhosen, Rennräder am Boden, Blut an Ellenbogen und Knien: Die Tour de France der Frauen liefert in ihren ersten Tagen erschreckende Sturz-Bilder, die Radsport-Fans auch von der Tour der Männer kennen.
13 der insgesamt 144 gestarteten Frauen mussten bereits in den ersten drei Tagen der Frankreich-Rundfahrt aussteigen. Mitfavoritin Marta Cavalli aus Italien und Laura Süßemilch schafften es nicht einmal bis zur Ziellinie der jeweiligen Etappe.
Schwere Verletzungen
Ihre Stürze hatten erhebliche Folgen: Cavalli erlitt ein Schädelhirntrauma, Süßemilch brach sich zwei Wirbel und wurde ins Krankenhaus gebracht. Andere Fahrerinnen, etwa die Slowenin Urska Pintar, kämpften sich mit Schmerzen und blutigen Schrammen ins Ziel, verpassten aber das Zeitlimit.
Auch am Mittwoch gab es auf der vierten Etappe mehrere Stürze. So wurde die spanische Meisterin Margarita Victoria Garcia Canellas rund 13 Kilometer vor dem Ziel vom Mannschaftswagen ihres Teams am Hinterrad berührt und kam schwer zu Fall. Die 38-Jährige konnte die Etappe zwar beenden, fiel jedoch in der Gesamtwertung zurück.
Für die Unfälle gibt es viele Ursachen. «Der heftige Wind spielte sicher eine Rolle und auch die Positionskämpfe im Feld. Jeder wollte vorne sein», sagte Marianne Vos, die bei der zweiten Etappe ins Gelbe Trikot fuhr. Auch die Aufregung, an der ersten Tour de France der Frauen in diesem Jahrhundert teilzunehmen, ist dem Anschein nach ein Faktor. «Alle sind ein bisschen extra motiviert», sagte die Schweizerin Marlen Reusser, die die vierte Etappe gewann, der dpa.
Fehler der Fahrerinnen?
Die Olympia-Zweite und Vize-Weltmeisterin im Zeitfahren macht aber auch fahrerische Fehlleistungen einzelner Kolleginnen dafür verantwortlich. «Es sind hier auch Fahrerinnen am Start, bei denen man sich schon die Frage stellt, warum sie dabei sind. Das macht das Feld sehr heterogen», sagte Reusser.
Zu den 14 WorldTour-Teams und den drei besten Rennställen der Continental-Kategorie kommen gleich sieben Teams, die über Wild Cards eingeladen wurden. «Es reicht eigentlich, wenn man ein, zwei oder drei Fahrerinnen hat, die es nicht so ganz beherrschen oder zuviel Risiko nehmen, um vermeidbare Stürze zu verursachen», sagte Reusser.
Nervösität in den Teams
Ein Sturz verhinderte auch, dass die deutsche Klassiker-Spezialistin Liane Lippert auf der 3. Etappe in den Kampf um den Tagessieg eingreifen konnte. Sie kam zu Fall, weil sie der gestürzten Niederländerin Demi Vollering nicht mehr ausweichen konnte. «Es ist sehr schade. Ich hatte gute Beine, war nicht in großen Schwierigkeiten am Berg und hatte immer Kontrolle», sagte Lippert. Doch dann kam der Sturz. Immerhin trug die Fahrerin aus Friedrichshafen keine schwereren Verletzungen davon.
Eine Ursache für die Unruhe im Peloton sieht Ronny Lauke, Chef des deutschen Rennstalls Canyon SRAM, im schwachen Nervenkostüm mancher seiner Kollegen. «Man sieht schon die Unruhe im Konvoi der Begleitfahrzeuge. Manche verlassen immer wieder ihre Position und turnen dann vor einem herum. Und diese Nervosität, die einige Teammanager und Sportlichen Leiter mitbringen und die auch wirklich sichtbar ist, überträgt sich dann auf die Fahrerinnen», sagte Lauke.