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Jan Ullrich (r) bei der Katalanischen Radwoche.
02.04.2004 13:16
Ex-Festina-Trainer vermutet Doping im Radsport

Berlin (dpa) - Der Sportpädagoge und frühere Trainer der Skandal-Mannschaft Festina, Antoine Vayer, unterstellt den Tour de France- Siegern der vergangenen 13 Jahre indirekt Doping.

«Es gibt Fahrer, die nach meinen Auswertungen Leistungen vollbracht haben, die meiner Einschätzung nach jenseits des menschlich Möglichen liegen: Indurain, Riis, Ullrich, Pantani und Armstrong. Gemessen daran wirken Fahrer aus der Festina-Zeit wie Zülle, Virenque oder Moreau, die nachweislich gedopt waren bis zum Stehkragen, wie Juniorenfahrer», sagte der Franzose der in München erscheinenden Monatszeitschrift «Tour» in einem Interview.

Ullrich-Manager Wolfgang Strohband wollte diese Aussagen in Hamburg nicht kommentieren. T-Mobile-Manager Walter Godefroot, Arbeitgeber von Ullrich, erklärte: «Ich verstehe nicht, warum er jetzt mit diesen Sachen kommt. Warum hat er diese Praktiken in seinem damaligen Team nicht unterbunden oder angezeigt?»

Vayer wurde 1998 im Festina-Doping-Prozess nicht angeklagt und gilt als - nicht unumstrittener - Kritiker der Verhältnisse im Profi-Radsport. Im Vorjahr brachte der 40-Jährige in der französischen Presse die ständig steigenden Geschwindigkeiten der Tour de France in Zusammenhang mit Doping und bezeichnete den Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc und den Präsidenten des Welt-Radsportverbandes UCI, Hein Verbruggen, als Mitwisser der verbotenen Praxis: «Sie sind die Totengräber des Radsports.»

Laut Vayer, der von 1995 bis 1998 bei Festina tätig war, sind die Doper nach dem großen Skandal vor sechs Jahren nicht zurückhaltender geworden: «Es geht gerade weiter so. 2003 war das Jahr der Rekorde was die Leistungen während der Tour betrifft. Das legt die Vermutung nahe, dass es neue Substanzen, verfeinerte Methoden gibt, und dass Doping leichter geworden ist.» Die intensivierten Doping-Kontrollen seien Augenwischerei, sie zu umgehen und zu manipulieren, sei die Praxis.

Damit vertritt Vayer eine ähnliche Meinung wie der spanische Profi Jésus Manzano, der nach seinem «Doping-Geständnis» und Anschuldigungen an die Adresse seines früheren Rennstalls Kelme in der spanischen Zeitung «AS» jetzt Morddrohungen erhalten haben soll. Inzwischen bekam Manzano von «Amore e Vita», einem vom Vatikan mitgesponserten, italienischen Drittliga-Team wieder einen Vertrag.

Auch der in der Cofidis-Affäre in Frankreich geständige Profi Philippe Gaumont beschrieb Taktiken zum Umgehen der Kontrollen. Inzwischen sind in Frankreich acht Strafverfahren anhängig. Am Donnerstag wurden gegen die Cofidis-Profis Cedric Vasseur und Médéric Clain neue Verfahren eröffnet.

Vayer spricht ebenso über Eigenblut-Manipulationen mit dem als Doping-Mittel verwendeten Hormon EPO wie Manzano: «Man behandelt sich mit EPO in einer Zeit, in der das Risiko unverhoffter Kontrollen gering ist. Im Bedarfsfall injiziert man sich die Konserve.»

«Für Frankreich kann man davon ausgehen, dass 2003 mehr als die Hälfte aller Fahrer EPO genommen haben. Selbst der Verbandsarzt des französischen Verbandes beklagte im vergangenen September in einem Brief, den 'Le Monde' veröffentlichte, dass bei etwa 20 Prozent der 154 lizenzierten Elite-Fahrer der begründete Verdacht auf Doping mit EPO besteht», behauptete der als Sportlehrer an einem Gymnasium arbeitende Vayer, der 1999 den Verein «Alternative» für sauberen Sport gründete.


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