Hanau (rad-net) Die Anti-Doping-Regularien standen im Mittelpunkt des zweiten
Tages des Vorbereitungsseminares für Ärzte und Physiotherapeuten auf die
Olympischen Spiele 2004 in Hanau. „Seit dem 1.1.2004 hat die WADA in der
Dopingbekämpfung das Zepter übernommen. Die Richtlinien der WADA gelten auch
in Athen“, erklärte der Chefarzt der deutschen Olympiamannschaft, Prof. Dr.
Wilfried Kindermann. Er ließ dabei allerdings kaum einen Zweifel daran, dass er
die Ausführungsbestimmungen zum Welt-Anti-Doping-Code der WADA in mancherlei
Hinsicht für überarbeitungswürdig hält. In zentralen Bereichen wie dem
Doping mit EPO, Wachstumshormonen und Anabolika hält er die Dopingbekämpfung
für verbesserungswürdig. In anderen Segmenten hält er den Verwaltungsaufwand
angesichts nicht nachgewiesener Wirksamkeit von Substanzen für eher
fragwürdig.
Im Detail erläuterte Prof. Dr. Kindermann neun verbotene Wirkstoffgruppen
sowie verbotene Methoden und Techniken und verbotene Wirkstoffe in bestimmten
Sportarten. Dabei ermahnte er alle Ärzte und Physiotherapeuten zu besonderer
Vorsicht: „Ein Dopingfall, der aus der Unachtsamkeit der Anwendung eines
verbotenen Medikaments resultieren würde, ginge nicht nur zu Lasten der
medizinischen Abteilung, sondern zu Lasten der gesamten deutschen
Olympiamannschaft“, erklärte der Leiter des Instituts für Sport- und
Leistungsmedizin an der Universität in Saarbrücken, der die deutsche
Olympiamannschaft in diesem Jahr zum siebten Mal betreut. Erneut warnte er vor
der Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln, die nicht selten mit Prohormonen
verunreinigt seien, die zu positiven Dopingkontrollen führen können. „Für
die meisten Aktiven sind Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, die der sog.
Roten Liste der zugelassenen Medikamente zu entnehmen sind, vollkommen
ausreichend“, erklärte Kindermann und forderte die Mediziner eindringlich
auf, auch das Umfeld der Athletinnen und Athleten abzuklären. So manche von
Heilpraktikern und Homoöpathen an Aktive verabreichte Tinktur soll, wie sich im
Nachhinein oft für alle Beteiligten unter schmerzhaften Erfahrungen
herausstellte, verbotene Wirkstoffe enthalten haben.
Wie üblich wird die deutsche Olympiamannschaft in Athen wieder durch ein
erfahrenes Team von Ärzten und Physiotherapeuten betreut. Bei den letzten
Olympischen Spielen in Sydney waren 22 Mediziner und 34 Physiotherapeuten im
Betreuerstab. Die deutsche Mannschaft kann dabei auf eine eigene medizinische
Ausstattung und Medikamente zurückgreifen, die nicht nur den Aktiven, sondern
ggf. auch Betreuern und Medienvertretern zugute kommt. „Die
Einfuhrbestimmungen für medizinische Produkte unterliegen dabei neuen und
ausführlicheren verwaltungstechnischen Vorgaben. Auch die Führung der
Olympiaapotheke vor Ort wird einer genauen Kontrolle seitens der Organisatoren
der Olympischen Spiele unterzogen“, erklärte der Freiburger Mediziner und BDR-Arzt Dr.
Georg Huber, der seit einigen Wochen für die Zusammenstellung von Arzneimitteln
und technischem Gerät sorgt. „In Zeiten knapper Kassen wird es immer
schwerer, in der pharmazeutischen Industrie Unterstützung zu erbitten“,
erklärt Huber. Dennoch ist es ihm gelungen, gegen Verleihung von
Dienstleistungsprädikaten, den notwendigen Bestand an Medikamenten sowie
therapeutischen und diagnostischen Geräten zu sichern.
Im Hintergrund dürfen sich alle Olympiateilnehmer und der medizinische
Betreuungsstab der deutschen Olympiamannschaft durch eine Poly-Klinik im
Olympischen Dorf abgesichert wissen. Sie wird von ATHOC während der Olympischen
Spiele für schwierigere medizinische Probleme für die etwa 15.000 Einwohner
des Dorfes eingerichtet. Die Liste der verbotenen Medikamente und Techniken ist
im Internet auf den Seiten der Nationalen und der Internationalen
Anti-Doping-Agentur einsehbar. Hier sind auch die Formulare für die Beantragung
von Ausnahmegenehmigungen im Download verfügbar.
http://www.nada-bonn.de
http://www.wada-ama.org
Text: NOK für Deutschland