Spalt (dpa) - Die deutsche Generalprobe für die Tour de France findet ohne den wieder erstarkten Jan Ullrich statt. Der Olympiasieger verkündete seine Startverzicht bei der deutschen Meisterschaft in Spalt. «Ich möchte die wenigen Tage bis zu meiner Abreise zur Tour mit meiner hochschwangeren Freundin Gaby verbringen», gab er auf seiner Homepage als Begründung an.
Für den Formaufbau vor der Tour spiele die Meisterschaft keine entscheidende Rolle mehr. «Da kann er am Sonntag auch trainieren», erklärte sein Manager Wolfgang Strohband. Am 2. Juli wird der Kapitän des Teams Bianchi die Reise zur Tour de France antreten. «Ich weiß, dass viele meine Absage enttäuscht aufnehmen werden. Ich hoffe, sie können mich und Gaby verstehen. Ich fehle bestimmt nicht aus mangelndem Respekt vor den Titelkämpfen oder meinen Fans», fügte Ullrich hinzu.
Dennoch verspricht das Rennen Spannung wie lange nicht mehr. Nach acht Meistertiteln hintereinander droht angesichts der ansonsten fast komplett versammelten deutschen Elite das Ende der Regentschaft des Teams Telekom. Seitdem Amateure und Profis 1995 erstmals gemeinsam den Titelträger ermittelten, setzten sich stets Fahrer des Bonner Rennstalls durch - darunter auch Ullrich, der 1997 im deutschen Meistertrikot zu seiner Triumphfahrt durch Frankreich antrat und vor zwei Jahren erneut siegte.
«Wir wollen die Serie unbedingt fortsetzen», sagt Sprint-Star Erik Zabel, der trotz des welligen Rundkurses mit zwei unangenehmen Steigungen durchaus für seinen zweiten Titel nach 1998 in Frage kommt. Im Vorjahr wurde Zabel Dritter hinter Teamkollege Danilo Hondo und Uwe Peschel. Hondo kuriert seinen während der Deutschland-Tour erlittenen komplizierten Fingerbruch aus und fehlt deshalb.
Als leichter Favorit gilt nicht zuletzt wegen seiner Ortskenntnis der Franke Matthias Kessler, dessen Vater als Organisationschef des Rennens fungiert. «Er hat ein Heimspiel und eine gute Form. Er wird sicher besonders beäugt», meinte Olaf Ludwig, der Sportliche Leiter des Team Telekom. 1999 war der 24-jährige Kessler U 23-Meister, im April feierte er mit dem Sieg beim Grand Prix Miguel Indurain in Spanien seinen bisher größten Erfolg als Profi. Lohn für das starke Frühjahr war die erstmalige Nominierung für die Tour de France.
Doch die Konkurrenz ist groß: Angesagt haben sich auch die im Ausland tätigen Profis wie Jens Voigt und Jörg Jaksche. Für den Ansbacher findet die Meisterschaft ebenfalls vor der Haustür statt. Auch das Team Gerolsteiner mit dem schon zwei Mal siegreichen Udo Bölts sowie den Zeitfahrern Michael Rich und Uwe Peschel schickt seine komplette deutsche Garde. Ludwig hat zudem den «alten Fuchs» Jens Heppner auf der Rechnung, nach seinem Abschied bei Telekom mittlerweile beim Team Wiesenhof in Leipzig gelandet.
Schonung ist nach Ansicht von Ludwig beim letzten Test vor der Tour nicht angesagt. Dazu sei das Prestige zu groß. «Der Sieger trägt das Trikot das ganze Jahr», sagte Ludwig, «jeder wird sagen, dass er froh wäre, das Meistertrikot einmal im Leben geholt zu haben.»
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