Berlin (dpa) - «Engel» gegen «Adler»: Das Duell der wahrscheinlich weltbesten Kletterer aller Zeiten im Radsport ist auch heute noch aktuell - zumindest ein bisschen. «Ich war bei Regen besser, er, wenn es heiß war», erinnert sich Charly Gaul, und dabei ist ihm die alte Rivalität zum Portugiesen Federico Bahamontes noch ein wenig anzumerken. Der Luxemburger feiert am Sonntag seinen 70. Geburtstag und hat nur einen Wunsch: «Gesundheit und noch ein Mal Gesundheit».
Der Rentner aus Itzig im Großherzogtum, früher «Engel der Berge» genannt, wurde vor zwei Monaten am Rücken operiert und quält sich in der Reha. «Bis vor einem Jahr bin ich noch regelmäßig Rad gefahren, dann wurden die Schmerzen immer schlimmer. Aber die Operation hat bisher nicht viel gebracht, Wenn das nicht besser wird, muss ich vielleicht in den Rollstuhl», befürchtet Gaul, der fünf Mal «Sportler des Jahres» in Luxemburg war. Seinen Geburtstag will Gaul, der bei der Tour de France 1958 den «Adler von Toledo» Bahamontes auf Rang acht verwies, zusammen mit seiner Frau und Tochter im kleinen Rahmen feiern: «Wenn ich 100 werde, kann ich das ja ganz groß feiern.»
Altmeister Rudi Altig erinnert sich noch gut an Gaul, den er zuletzt bei der Eröffnung des Radmuseums in Kaiserslautern-Kammgarn traf: «Er fuhr 1965 seine letzte, ich meine erste Tour. Ich hatte mächtigen Bammel vor den Pyrenäen. Er beruhigte mich und riet mir, mich an seinen Team-Kollegen Marcel zu halten. Zusammen haben wir die Anstiege geschafft, ohne abzusteigen.»
1958, ein Jahr nach dem ersten von fünf Toursiegen Jacques Anquetils, schrieb Gaul Tour-Geschichte und holte als zweiter Luxemburger nach Nicolas Frantz (1927) das Gelbe Trikot. Auf der Etappe von Briancon nach Aix-Les-Bains fuhr er Raphael Geminiani bei Eisregen aus dem Trikot und nahm dem Franzosen in der Chartreuse zwölf Minuten ab. Der kleine Charly, vor 44 Jahren Mitglied der Nationalmannschaft Luxemburg/Niederlande, war auf dem Gipfel.
Sein Lohn in Paris: Zwei Millionen alte Francs, heute etwa 35Â 000 Euro. Den Bogen zum aktuellen Radsport schlug Gaul im Oktober bei der Tour-Präsentation, zu der alle noch lebenden Toursieger eingeladen worden waren. Auf dem Gruppenbild stand er neben Bahamontes (Toursieger 1959) und dem Schweizer Ferdy Kübler.
«Ich habe mich bei dem Treffen in Paris mit Jan Ullrich unterhalten - ein ganz netter Junge. Mit Lance Armstrong konnte ich leider nicht sprechen, weil ich kein englisch kann. Es war ein tolles Gefühl, dazu zu gehören», sagte das Geburtstagskind.