Münster (rad-net) - Der Wechsel des Münsteraners Linus Gerdemannn vom Team Columbia zum deutschen Konkurrenten Milram ist perfekt. Man werde den 26-Jährigen zum Monatsende aus seinem bis Ende 2009 Vertrag entlassen, teilte das US-Nachfolgeteam vom T-Mobile heute mit. Der Radsport- Weltverband UCI hat Gerdemanns Wechsel zum einzigen deutschen ProTour-Team bereits zugestimmt, teilten beide Rennställe mit. Damit kann Milram die kommende Saison mit seinem Wunsch-Kapitän in Angriff nehmen. «Wir wünschen Team-Manger Gerry van Gerwen, seinen Athleten und Sponsoren viel Erfolg bei ihren ambitionierten Plänen für die Saison 2009», so Team-Manager Rolf Aldag. Man sei aber auch sehr gespannt auf die eigenen Ergebnisse im kommenen Jahr, so der Westfale. Das Team Columbia wird im kommenden Jahr mit Fahrern aus 17 Nationen starten.
Im Team Milram hat sich mit der Verpflichtung des Münsteraners Erleichterung breit gemacht. «Wir sind sehr froh über die Verpflichtung von Linus Gerdemann. Nach langen Verhandlungen können wir endlich den Transfer bestätigen», so Gerry van Gerwen. «Mit Linus haben wir unseren absoluten Wunschfahrer in unseren Reihen, der das Team in den kommenden Jahren führen wird.» Gerdemann unterschrieb bei der Dortmunder Equipe als 13. Neuzugang einen Zweijahresvertrag.
Der Verpflichtung des Münsteraners, der am 30. Oktober bei einer Pressekonferenz offiziell vorgestellt werden soll und auf Anfrage zunächst keine Stellungnahme abgeben wollte, ging ein ungewöhnliches Wechsel-Theater voraus. Monatelang feilschte Milram-Teamchef Gerry van Gerwen mit seinem kalifornischen Columbia-Kollegen Bob Stapleton um die Ablösemodalitäten. Für eine geschätzte sechsstellige Euro-Summe stimmte Stapleton schlussendlich der Auflösung des bis Ende 2009 laufenden Gerdemann-Vertrages zu. «Es ging lange hin und her. Es ist aber kein moderner Menschenhandel», kommentierte Columbia-Sportdirektor Rolf Aldag das Transfer-Hickhack. Der Weltverband UCI hat dem Wechsel bereits zugestimmt, nun sind nur noch einige Einzelheiten zu klären.
Aldag bedauerte den Weggang seines Spitzenfahrers, «aber er hat sich anders entschieden». Auch wenn der deutsche Radsport nach den jüngsten Doping-Schlagzeilen noch «eine Weile in der Talsohle bleiben» werde, bestreite Milram mit Gerdemann den richtigen Weg. «Für die Neuausrichtung von Milram ist ein Gerdemann gut, weil er nicht vorbelastet ist», sagte Aldag der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Für van Gerwen, der ein Team mit explizit deutscher Ausrichtung aufbauen will, ging damit ein zielstrebig verfolgter Wunsch in Erfüllung. Nachdem der Niederländer bereits zwölf neue Radprofis - darunter acht aus der Konkursmasse des dopinggebeutelten Rivalen Gerolsteiner - geholt hatte, konnte er mit Gerdemann den erhofften Kapitän für die großen Länderrundfahrten verpflichten. Zudem ist der Wechsel von Columbia-Sprinter Gerald Ciolek wohl nur eine Formsache.
Doch bei seinen Plänen für eine Equipe «mit deutschem Fokus» musste van Gerwen zuletzt einige Rückschläge einstecken. Denn nach den positiven A-Proben der Gerolsteiner-Fahrer Stefan Schumacher und Bernhard Kohl fehlt im kommenden Jahr teilweise die große Show-Bühne: ARD und ZDF wollen von der Tour de France nicht mehr live berichten, die Deutschland-Tour ist Vergangenheit. Die Fahrer sowie ihr Bremer Hauptsponsor Nordmilch AG müssen daher auf wichtige Werbeplattformen verzichten. «Milram hat ein Problem, weil sie ausschließlich den deutschen Markt bedienen», meinte Aldag.
Gerdemann blickt auf eine turbulente Saison zurück. Ende März war der Wahl-Schweizer aus Kreuzlingen bei der Fernfahrt Tirreno- Adriatico schwer gestürzt und fiel wegen eines Beinbruchs lange aus. Anschließend kämpfte sich der frühere T-Mobile-Profi, der nach seinem Etappensieg bei der Tour 2007 einen Tag das Gelbe Trikot getragen hatte, mühsam zurück, ehe er Anfang September die D-Tour für sich entschied. Nach dem größten Erfolg seiner Karriere hatte Gerdemann versichert, sein «Saisonziel» sauber erreicht zu haben: «Von mir aus können auch Proben 50 Jahren eingefroren werden, dann sollen sie die in 50 Jahren aufmachen.»
Linus Gerdemann