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Moderator Beckmann (r) spricht mit dem Ex-Radprofi, Bert Dietz, im Studio.
22.05.2007 19:32
Das Doping-Geständnis von Bert Dietz im Wortlaut

Hamburg (dpa) - Der frühere Radprofi Bert Dietz hat in der ARD-Sendung «Beckmann» am Abend des 21. Mai Doping eingestanden. Die Deutsche Presse-Agentur dpa dokumentiert Wortlaut-Auszüge.

...

Reinhold Beckmann: «Haben Sie denn damals schon 1994 so in der Anfangszeit als Profi leistungsfördernde Mittel genommen?»

Bert Dietz: «Also beim ersten Jahr als Profi eigentlich nur vor den Klassikern wurde Kortison genommen. Ansonsten das letztens im «Spiegel» beschriebene Zaubergetränk vom Jef d'Hont - und das waren eigentlich so unsere einzigen Waffen.»

Beckmann: «Also das war im ersten Jahr 94. Was hat Kortison bewirkt bei Ihnen?»

Dietz: «Beschrieben wurde es so: Kortison setzt halt die körpereigene Abwehr ein Stück herunter, für die Allergiker ist das ja immer gut, wenn der Pollenflug ist, und im Radsport oder im Sport allgemein sollte halt der Effekt sein, dass man einfach ein Stück länger an der oberen Leistungsgrenze fahren kann, bevor der Körper mit Krämpfen oder mit anderen Sachen halt anfängt zu streiken.»

...

Beckmann: «Jetzt haben Sie eben den Cocktail angesprochen, den Jef d'Hont-Cocktail, von dem wir alle erfahren haben vor wenigen Wochen im «Spiegel» bei der ganz großen Geschichte. Jef d'Hont war jahrelang Masseur und Pfleger im Team Telekom. Wie war dieser Cocktail zusammengestellt?»

Dietz: «Das war eigentlich jetzt bis letzte Woche immer ein Geheimnis gewesen. Ich hab das auch nie gewusst, er hat's auch nie gesagt. Er hat lediglich gesagt, es ist nichts, was auf der Liste steht. Und man soll es so, wenn man bis dahin kommt, 50 Kilometer vor dem Ziel halt noch mal so als letzte Reserve nehmen.»

Beckmann: «Das heißt, da kam die Ampulle, wurde einem gereicht oder so?»

Dietz: «Die hat man schon vor dem Start mitgehabt in der Trikottasche. Und wenn man halt bis dahin gekommen ist und noch die Chance hatte, sage ich mal so, unter die ersten 20 zu fahren, dann hat man das halt im Finale, wurde immer gesagt die letzten 50 km beim Weltcup-Rennen ist das Finale, und wenn man da noch dabei ist, dann werden halt die harten Attacken gefahren und dort sollte das halt noch mal so einen Auftrieb geben.»

Beckmann: «Da war also nicht nur Aspirin drin, da war ein Herzmittel drin und noch ein anderes Mittel dazu.»

Dietz: «Jef d'Hont hat immer gesagt, was für die Luft, was, dass das Blut dünn macht und die Gefäße erweitert.»

...

Beckmann: «Wie ist es? Waren diese Mittel alle legal, die Sie da genommen haben oder standen die auf der Doping-Liste?»

Dietz: «Also, wir wussten ja nicht, was für Mittel in diesem Cocktail sind. Insofern mussten wir uns natürlich auf die Aussage verlassen, dass sie gesagt haben, das ist nicht gefährlich und das ist nicht auf der Liste.»

...

Beckmann: «Wie groß war die Gefahr, erwischt zu werden für Sie?»

Dietz: «Eigentlich in den Anfangsjahren ganz Null.»

...

Beckmann: «Nun haben Sie jetzt ja gesagt, dass gerade 94/95 sich bei der Telekom viele gefragt haben, warum sind die Italiener und Spanier einfach besser als wir. Die waren ja nicht zufrieden mit den Ergebnissen. Wie wurde denn im Team darüber gesprochen?»

Dietz: «Ja gut, man hat sich natürlich gewundert, dass jedes Jahr dort irgendwie 20 neue Spanier und 20 neue Italiener kommen, die das Jahr zuvor noch nicht einmal irgendwo erwähnt worden sind und plötzlich den Berg hochfahren können, als wäre es nichts gewesen. Das macht schon die Runde.»

...

Beckmann: «Wann fiel denn zum ersten Mal der Begriff EPO, das Hormon EPO?»

Dietz: «Eigentlich bei mir das erste Mal '95, als ich mehr oder weniger, als ich über die Freiburger Ärzte die Sache angeboten bekommen hatte.»

Beckmann: «Die Freiburger Ärzte des Teams Telekom?» Dietz: «Ja.»

Beckmann: «Und wie ist das abgelaufen?» Dietz: «Es war im Trainingslager, auf Mallora, was im Frühjahr immer als gemeinsames Trainingslager abgehalten wurde.»

Beckmann: «1995, Trainingslager Mallorca.»

Dietz: «Die Ärzte wurden dann halt auch immer mehr in die Trainingsplanung mit einbezogen, auch auf Wunsch von Telekom, dass das halt alles zentral gesteuert wurde. Bis dahin hat halt jeder im Training die Inhalte selber bestimmt und musste einfach nur zu den Wettkämpfen fit sein. Und die Freiburger Ärzte hatten sich halt dann da ein bisschen mehr mit reingehängt. Und so wurde halt so ein Plan besprochen, welche Rennen jetzt wichtig sind, welche Vorbereitung gemacht wird usw. Und in diesem Zusammenhang halt mit diesem individuellen Gespräch, was halt jeder dort geführt hatte, wurde halt die Gesamtsituation im Radsport erst einmal beschrieben - wie gesagt, Italiener fahren schnell und da und so -, und dass es halt damit zusammenhängen könnte, dass es halt da ein neues Mittel gibt, was halt das EPO ist. Und in dem Zusammenhang habe ich es eigentlich das erste Mal gehört.»

Beckmann: «Wie lief das ab? War das eine Empfehlung oder wie haben die Ärzte mit Ihnen persönlich darüber geredet?»

Dietz: «Wie gesagt, es wurde sehr weit ausgeholt. Also die Gesamtsituation im Radsport, dann halt immer mehr spezifisch auf das Team Telekom, dass wir natürlich Druck haben im Frühjahr. Wir müssen im Frühjahr bis Henninger Turm unsere Ergebnisse bringen. Und wenn wir vorne mitfahren wollen, müssten wir wahrscheinlich auch mal dieses Mittel probieren. Es wurde dann groß erklärt, welche Wirkung, welche Nebenwirkungen, welche Risiken bestehen. Und dann war die Entscheidung im Prinzip, dass wir das machen.»

Beckmann: «Das heißt, haben die Ärzte, die Telekom-Ärzte, die Freiburger Ärzte also den Gebrauch von EPO angeordnet oder angeboten?»

Dietz: «Sie haben es angeboten, aber natürlich in so einer Form, wo eigentlich jeder wusste, wenn ich es jetzt nicht nehme, bin ich wahrscheinlich am Jahresende mit so schlechten Ergebnissen in der Mannschaft, dass mein Vertrag nicht verlängert wird. Also, es war schon eindeutig eigentlich, ja.»

Beckmann: «Was haben die zu den Nebenwirkungen gesagt?»

Dietz: «Dass, wie gesagt, das Blut dick werden kann, dass es zu Verklumpungen kommen kann von den Blutplättchen. Das wurde dann allerdings sofort revidiert, wenn er sagt, okay, wir nehmen dafür Aspirin, dass das Blut dünn bleibt, wir nehmen Persantin, dass die Blutplättchen nicht zusammenkleben, wir machen regelmäßige Blutkontrollen alle 14 Tage. Auch wenn ihr zu Hause seid, müsst ihr halt zum Hausarzt gehen, dass wir das kontrollieren können.»

Beckmann: «Also noch mal die Frage. Wer sind die Ärzte, mit denen Sie diese Gespräche geführt haben?»

Dietz: «Der Lothar Heinrich und der Andreas Schmid.»

...

Beckmann: «Nun, die Ärzte bestreiten dies ja nach wie vor. Sind Sie der einzige im Team gewesen, dem man EPO angeboten hat?»

Dietz: «Na, die Frage will ich jetzt hier nicht beantworten.»

...

Dietz: ... Und ich will mich jetzt einfach nicht in die Ecke stellen und sagen, der hat was gemacht oder ich hab gesehen, dass der usw.»

Beckmann: «Das heißt, Sie finden diese Situation ein bisschen bigott, dass da Leute sagen, Jan Ullrich, das ist das einzige schwarze Schaf und auch die anderen Rennfahrer auf Jan Ullrich zeigen. Das gefällt Ihnen nicht?»

Dietz: «Das kann man so sagen. Also, ich hab das wie gesagt die letzten zehn Monate verfolgt, und das war eigentlich das, was mich von Anfang an richtig gestört hat, dass dort wirklich erst mal das ganze Thema auf diese Operation Puerto bezogen wurde, auf diese 50 Fahrer, wo alle so froh waren, aha, jetzt haben wir endlich 50 Mann, auf die können wir zeigen. Und nicht, dass man dann einfach ruhig weiter gemacht hätte, nein, man musste halt noch drauf hauen und musste noch sagen, die haben was Schlimmes gemacht, aber wir anderen, der ganze Radsport ist ja eigentlich sauber....»

Beckmann: «Das heißt, Sie meinen damit auch die Radrennfahrer, die heute in wichtigen Figuren bei anderen Teams unterwegs sind, ob als sportliche Leiter, ob in anderen Funktionen. Die heute sagen, ich hab ja damals nichts gemacht.»

Dietz: «Ja, so kann man's sagen. Man muss natürlich immer die Situation der Leute berücksichtigen, die können im Moment gar nichts anderes sagen. Das ist auch das, wo ich sage, ich bin jetzt weit weg, ich bin nicht im System drin. Ich verdiene nicht direkt mein Geld damit. Dann würde ich mich vielleicht anders verhalten - müssen. Alleine der Ehrenkodex, der, wenn ich mich outen würde, sofort den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge hätte. So, und das sind einfach die Dinge, die dort geändert werden müssen...»

Beckmann: «Was wäre denn Ihr Vorschlag, damit sich sozusagen dieses Feld endlich mal komplett säubert?»

Dietz: «...Also, das sind natürlich jetzt Politiker, Funktionäre, da ist der Weltverband gefragt. Die müssen einfach einen Weg finden oder einen Weg aufzeigen, dass es den Rennfahrern, die heute wirklich ernsthaft ohne Doping auskommen wollen und ernsthaft diesen neuen Weg gehen wollen, dass die einfach eine Chance bekommen, mit der Vergangenheit abzuschließen.»

Beckmann: «Eine Amnestie?»

Dietz: «Ja, so in der Richtung eine Amnestie. Sie müssen sich vorstellen, jeder Rennfahrer will natürlich jetzt ohne Doping auskommen. Aber jeder wird morgens aufwachen und denken, hoffentlich wird heute nicht meine Geschichte von früher publik. Da bin ich sofort meinen Arbeitsplatz los. Ich will ja gerne ab heute ohne Doping fahren, aber wenn mich jetzt meine Vergangenheit einholt, dann ...»

...

Beckmann: «Sie haben ja vorhin die beiden Ärzte angesprochen, Andreas Schmid und Lothar Heinrich. Und Sie haben die Situation beschrieben, wie sie den Fahrern erklärt haben, was man mit EPO alles machen kann. Heißt das, Schmid und Heinrich boten allen Fahrern des Telekom-Teams sozusagen die Benutzung von EPO an?»

Dietz: «Also, ich kann das nur aus meiner Sicht erzählen. Und bei mir war es so. Und bei mir hat auch dieses System, was zum Teil der Jef d'Hont beschrieben hat, so funktioniert.»

Beckmann: «Hat es Sie verwundert, dass Sie gerade von Ärzten damals ein Dopingmittel angeboten bekommen haben?»

Dietz: «Verwundert nicht. Gut, es waren die Team-Ärzte. Die waren für die Gesunderhaltung oder für die Leistungssteigerung natürlich irgendwie verantwortlich und waren eigentlich unsere Ansprechpartner. Das heißt, wer hätte es sonst machen sollen?»

Beckmann: ... «Wer hat nun denn EPO damals gespritzt überhaupt?»

Dietz: «Die Pfleger. Also die Ärzte, wenn sie da waren.»

Beckmann: «Ach, die Ärzte haben selbst, wenn sie vor Ort waren, auch Ihnen EPO gespritzt?»

Dietz: «Die Ärzte haben, wenn sie vor Ort waren, selber die Medizin - egal, was es war, ob es jetzt Vitaminspritzen waren oder halt dann die anderen Spritzen - gespritzt. Wenn die nicht vor Ort waren, haben's die Pfleger gemacht. Also Jef d'Hont.»

Beckmann: «Ansonsten die erwähnten Ärzte, über die wir eben gesprochen haben. Das heißt, Heinrich und Schmid, die beiden Ärzte haben auch selbst gespritzt?»

Dietz: «Ja. Heinrich auf jeden Fall, Schmid war dann nicht mehr so oft dabei.»

Beckmann: «Mussten Sie irgendwann auch die Spritzen selber setzen?»

Dietz: «Einige konnten das, andere nicht.»

Beckmann: «Wie war das bei Ihnen?»

Dietz: «Man hat das natürlich dann irgendwann gelernt. Am Anfang hat man natürlich Respekt, niemand setzt sich selbst eine Spritze. Wobei diese Sachen subkutan gespritzt wurden, das heißt, wie eine Spritze, die sich jeder Diabetiker setzen muss - in die Bauchfalte, das hat man dann gelernt bekommen, auch von den Pflegern, um einfach das ständige Aufsuchen der Zimmer usw. zu vermeiden.»

Beckmann: «Wie häufig haben Sie gespritzt?»

Dietz: «Genaue Zahlen kann ich jetzt nicht mehr sagen. ...»

Beckmann: «Und irgendwann war die Überwindung auch da, das heißt, Sie konnten sich selbst das spritzen?»

Dietz: «Ja.»

Beckmann: «Können Sie das eigentlich genau belegen, gibt es Dokumente darüber?»

Dietz: «Belegen, dass gespritzt worden ist, kann ich natürlich nur durch meine Aussage. Andere Sachen, dass die Ärzte das wussten, also dass sie davon Bescheid wussten, dass sie das kontrolliert haben, kann ich natürlich belegen.»

Beckmann: «Wie wurde das denn kontrolliert?»

Dietz: «In erster Linie über die Blutwerte, der Hämatokritwert wurde regelmäßig gemessen.»

Beckmann: «Es gab also ein Protokoll, wo der Hämatokritwert immer eingetragen wurde?»

Dietz: «Ja, die ganz normale Blutabnahme, die man immer macht, z.B. bei den Leistungstests zusätzlich noch, oder zwischendurch zu Kontrollen wurde das Blut abgenommen. Oder man hat es zu Hause bei dem Hausarzt abgenommen. ...»

Beckmann: «Der Hausarzt war auch mit einbezogen?»

Dietz: «Nicht einbezogen. Der hat einfach ein Blutbild gemacht. Man ist hingegangen und hat gesagt, ich brauch ein Blutbild. Der wusste jetzt nicht, warum, wieso, weshalb - ich brauch's einfach.»

...

Beckmann: «Wie sind Sie denn immer an die EPO-Ampullen gekommen?»

Dietz: «Der Weg war eigentlich immer so: Man hat beim Arzt gesagt, ich brauch was, und der Pfleger hat sie dann beim nächsten Mal mitgebracht, oder man hat es nach Hause geschickt bekommen.»

Beckmann: «Per Postversand?»

Dietz: «Zum Teil, ja. In Styroporverpackung mit zwei Eispacks drunter und drüber.»

Beckmann: «Wer hat Ihnen die Ampullen zugeschickt?»

Dietz: «Wurden später geschickt von Freiburg, und wenn man sie so bekommen hat, über die Pfleger. ...»

Beckmann: «Aber auch in Ausnahmefällen direkt aus der Uni-Klinik in Freiburg wurde Ihnen auch was zugestellt?»

Dietz: «Ja.»

Beckmann: «Mussten Sie das selber bezahlen?»

Dietz: «Ja. Das heißt, man hat es erst einmal bekommen. Die Pfleger haben kontrolliert, wie gespritzt wurde, wie oft gespritzt wurde. Die Pfleger hatten praktisch die Ampullen bei sich in der Box, haben Buch geführt. ...»

Beckmann: «Können Sie beschreiben, was für ein Aufwand in der ganzen Saison das war für Sie?»

Dietz: «Das konnte jeder für sich entscheiden. Bei mir hat es im Frühjahr und im Herbst immer vielleicht so um die 3000 bis 5000 Mark damals noch ausgemacht.»

Beckmann: «Wenn Sie sagen, dass die Freiburger Ärzte das empfohlen haben - was wusste die Telekom-Führung darüber?»

Dietz: «Das kann ich Ihnen hier jetzt nicht sagen. Also, es gab natürlich Druck vom Sponsor. Der sich allerdings nicht so geäußert hat, dass man gesagt hat, Ihr müsst verbotene Mittel nehmen. Aber die schon zum Teil so deutlich waren, dass gesagt worden ist, wenn die gewisse Leistung nicht kommt, dann wird der Sponsor das nächste Jahr wahrscheinlich nicht mehr dabei sein.»

...

Beckmann: «Ist es für Sie vorstellbar, dass die Ärzte einfach gehandelt haben, ohne die Telekom-Führung zu informieren?»

Dietz: «Das kann ich nicht sagen.»

Beckmann: «Noch einmal, um das klar zu machen: Sind Sie sicher, dass die Ärzte einfach selbst gehandelt haben, oder haben sie das Team Telekom - also die Führung des Team Telekom - informiert?»

Dietz: «Also ich kann das natürlich jetzt nicht behaupten oder nicht beweisen. Aber es ist sicherlich so gewesen. Denn warum sollten die Ärzte von sich aus Druck machen? Wer natürlich Druck hatte, war letztendlich die Team-Leitung, die mussten schauen, dass die Ergebnisse kommen, damit es im nächsten Jahr wieder einen Vertrag vom Sponsoring gibt.»

Beckmann: «Jef d'Hont - der Name fiel schon ein paar Mal - der von 1991 bis 1996 Masseur und Pfleger war, früher auch Radrennfahrer war, sagt, Fahrer, Sportdirektoren, Teammanager - alle wussten über den Gebrauch der Mittel Bescheid. Hat er recht? War das so?»

Dietz: «Also in meinem Fall auf jeden Fall.»

Beckmann: «Es wussten alle Bescheid?»

Dietz: «Ja.»

Beckmann: «Heißt dies, dass der ehemalige Teamleiter Walter Godefroot genau wusste, dass EPO verabreicht wurde in den 90er Jahren?»

Dietz: «Das ist zumindest vorstellbar.»

Beckmann: «Sie sind nie mit Doping in Verbindung gebracht worden. Keiner wäre auf die Idee gekommen, Bert Dietz zu verdächtigen. Was riskieren Sie jetzt persönlich?»

Dietz: «Was riskiere ich persönlich? Ich kann es Ihnen nicht sagen. Vielleicht stehe ich morgen in der Presse da und werde als Held gefeiert. Vielleicht schieben mich aber auch alle anderen in die gleiche Ecke wie die 50 anderen Fahrer und sagen, aha, der Dietz war auch dabei gewesen, habe ich gar nicht so gewusst.»

Beckmann: «Verräter...»

Dietz: «Nicht Verräter. Er hat uns auch was vorgegaukelt, hat verbotene Medikamente genommen, wir ja nie, wir haben noch nicht einmal etwas davon gehört. Aber dass der Dietz das mitgemacht hat und dass wir das nicht mitgekriegt haben bei uns im Team, das ist natürlich ein riesen Ding. Kann auch passieren, dass mich morgen niemand mehr anguckt von den Rennfahrern.»

Beckmann: «Wie lange haben Sie gebraucht, um zu dem Entschluss zu kommen, sich öffentlich zu bekennen?»

Dietz: «Ich habe das schon seit einigen Monaten, ... trage ich das mit mir rum. Seit es eigentlich los ging, als dort wirklich wild denunziert wurde, dort wild geheuchelt wurde, mit den Fingern auf Leute gezeigt worden ist...»

Beckmann: «Wer heuchelt?»

Dietz: «Leute, die genauso Dreck am Stecken haben, wie die 50 Mann, die jetzt bei der Operation Puerto vielleicht das Ganze übertrieben haben, aber letztendlich waren die anderen, die sich jetzt hinstellen und sagen, da haben wir nie etwas davon gewusst, oder wir haben auch nie gedopt, wir haben nie was von EPO und Wachstumshormonen gehört - dass das einfach nicht geht. Dass einfach dort die Leute an die Wand gefahren werden, gerade in Deutschland. Deutsche Fans haben ihr größtes Opfer gebracht, den größten Helden, den wir haben im Radsport, den hat man niedergeknüppelt bis zum Geht- nicht-mehr, und hat man mit den Fingern auf ihn gezeigt und hat gesagt: Du hast unseren Sport kaputt gemacht.»

Beckmann: «Hätten Sie mehr Solidarität von den anderen Fahrern erwartet im Fall von Jan Ullrich?»

Dietz: «Auf jeden Fall, ja, auf jeden Fall.»


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