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Jan Ullrich verzieht auf der 12. Tour-Etappe vor Schmerzen das Gesicht.
17.07.2004 13:13
Jan Ullrichs Abschied aus dem Favoriten-Kreis

Lannemezan (dpa) - Schon der leidende Gesichtsausdruck am Col d'Aspin verhieß wenig Gutes. Keine Stunde später bei der Hatz hinauf zum Tourmalet wurde aus der Vorahnung Gewissheit: Beim ersten Schlagabtausch der Favoriten blieb Jan Ullrich nur das Nachsehen.

Mit leerem Blick und schweren Beinen quälte sich der mit viel Vorschusslorbeer in die 91. Tour de France gestarteten Ullrich in La Mongie über die Ziellinie - noch hinter seinen als Helfer auserkorenen Teamgefährten Andreas Klöden und Giuseppe Guerini. Ungläubig schüttelte sein auf der 12. Etappe um 2:30 Minuten enteilter Rivale Lance Armstrong den Kopf: «Der Rückstand von Ullrich war heute für mich die größte Überraschung.»

Für die deutsche Tour-Hoffnung ist der zweite Gesamtsieg nach 1997 in weite Ferne gerückt. «Ullrich unter Schock», titelte die L'Equipe. Der angeblich beste Ullrich seit Jahren muss nun selbst um seinen seit Jahren abonnierten zweiten Rang hinter Armstrong bangen. Wie schon beim Prolog in Lüttich und beim Mannschaftszeitfahren in Arras in der ersten Tour-Woche büßte er Zeit ein. Doch sein Edelhelfer Klöden, der die Nacht zusammen mit seinen Teamkollegen im Wallfahrts-Ort Lourdes verbrachte, hat die Hoffnung auf ein Wunder noch nicht aufgegeben: «Wenn das Wetter besser wird, werden auch Jans Beine wieder besser. Dann werden wir angreifen und versuchen, den Abstand wettzumachen.»

Von der Form des Vorjahres, als er sich mit einem famosen Comeback im Bianchi-Trikot zurück in die Herzen der deutschen Radsportfans gekämpft und Seriensieger Armstrong an den Rand einer Niederlage gebracht hatte, ist Ullrich derzeit offenbar weit entfernt. Allein der Blick in das Gesicht des Mitfavoriten veranlasste Johan Bruyneel zu einer «Angriffsempfehlung» per Funk: «Ich habe schon am ersten Anstieg auf dem Fernsehschirm im Auto gesehen, dass Ullrich in Schwierigkeiten ist. Das habe ich Lance mitgeteilt», sagte der US-Postal-Manager.

Armstrong nutzte die Gunst der Stunde, wollte von einer Vorentscheidung jedoch nichts wissen. «Jan wird wieder besser, da bin ich sicher. Er gibt niemals auf», sagte der fünfmalige Tour-Sieger. Abwegig sind solche Gedanken nicht: Schon diverse Male feierte Ullrich Wiederauferstehung. So wie bei der Tour 1998, als auf den späteren Sieger Marco Pantani hoch nach Les Deux Alpes über acht Minuten verlor, aber schon am nächsten Tag die Etappe gewann.

Findet Ullrich nicht zurück zu alter Form, droht ihm allerdings eine Degradierung zum Edelhelfer. Klödens gute Form könnte zu einem Sinneswandel verleiten. Schließlich hat sich der Trainingspartner von Ullrich auf Rang fünf der Gesamtwertung vorgeschoben und liegt nur 1:09 Minuten hinter Armstrong zurück. Dem Gerede von einer möglichen Änderung der «Stallregie» konnte T-Mobile-Manager Walter Godefroot jedoch nur wenig abgewinnen: «Es ist nicht sehr realitisch, dass ein Helfer zum Chef wird.»


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