Münster (dpa) - Linus Gerdemann hat erneut seine Unschuld beteuert und seine «Frustration» über die in der ARD-«Sportschau» erhobenen Vorwürfe zum Ausdruck gebracht. «Es tut weh, wenn man so angegriffen wird. Das kostet Nerven, emotional lässt mich das nicht kalt», sagte der Radprofi in einem Interview der «Westfälischen Nachrichten». Er stehe zu der Aussage, dass seine Blutproben noch in 50 Jahren mit neuen Methoden nachgetestet werden könnten und diese dann immer noch keine Doping-Spuren aufweisen würden. «Es gibt nichts zu verbergen», betonte der Kapitän des Milram-Teams, das in dieser Sache bislang zurückhaltend reagierte.Auf die Frage: «Haben Sie gedopt, dopen Sie oder haben Sie jemals mit Doping experimentiert?, antwortete Gerdemann: «Nein.» Er habe keine Angst vor Nachkontrollen und wolle alles in seiner Macht Stehende dazu beitragen, «um eventuelle Missstände aufzuklären».
Die ARD-«Sportschau» und die WDR-Sendung «Sport Inside» hatten berichtet, dass in einem Hamburger Gutachten von erheblichen Hämoglobin-Schwankungen beim 27 Jahre alten Münsteraner im ersten Halbjahr 2006 die Rede sein soll. Ein Experte kam zu dem Schluss, dass diese Werte des damaligen Profis des Teams T-Mobile - dem früheren Magenta-Rennstall hat die Untersuchungskommission in Freiburg systematisches Doping von 1995 bis 2006 attestiert - «nicht normal» seien. Allerdings könnten diese auch auf besondere Umstände wie eine Krankheit oder ein längeres Höhentrainingslager zurückzuführen sein. Gerdemann sagte in «West Inside», er habe damals «auf jeden Fall» Höhentrainingslager betrieben.
Von den angeblichen Hämoglobin-Schwankungen sei ihm bis zur vergangenen Woche nichts bekanntgewesen. «Ich habe den gleichen Sachstand wie die Zuschauer bei der ARD», sagte Gerdemann. «Am vergangenen Donnerstag erhielt ich vom WDR eine Mail, dass man in Unterlagen bezüglich meiner Person auffällige Blutwerte aus dem Jahr 2006 gefunden hätte. Bis Samstag um 18 Uhr könnte ich mich dazu äußern. Dann wurde ich eine halbe Stunde vor dem Start des Münsterland Giros am Samstag in Ahlen gefragt, ob ich etwas zu den Daten sagen wolle. Mir wurden Daten vorgehalten, eine Kopie davon habe ich nicht erhalten. Meine Antwort war, dass ich kein Mediziner bin und dies deshalb nicht kommentieren könnte», erläuterte er.
Er wisse immer noch nicht genau, was ihm vorgeworfen werde. Daher werde es von ihm nun keinen «Schnellschuss» geben, sagte der letzte Deutschland-Tour-Sieger, dem die Vorwürfe schwer zusetzen. «Ich habe in den letzten Jahren hart gearbeitet, jetzt ist die Frustration groß. Ich bin ratlos», sagte Gerdemann, der nun zunächst im Urlaub abschalten will: «Es ist wichtig, den Kopf freizubekommen.»