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11.11.2008 16:44
Mike Kluge protestiert: «Anti-Doping-Aktivitäten verkannt»

Berlin (dpa) - Die Radsportler wehren sich zunehmend gegen das Buhmann-Image und Sippenhaft wegen vermehrter Doping-Fälle. Der dreimalige Weltmeister im Querfeldeinfahren, Mike Kluge, hat sich in einem offenen Brief an den Bundestags-Abgeordneten Winfried Hermann gewandt und gegen eine mögliche Sperrung von Haushaltsmitteln aus dem Etat des Bundesinnenministeriums protestiert. Kluge bezeichnete den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen als übereilten Schnellschuss, der in die falsche Richtung ziele.

Man solle sich über die Anstrengungen im Radsport ausführlich informieren und diese breite Fächerung auf andere Sportarten ausdehnen. «Mit solchen Wirtshausparolen werden die gerade in unserem Radsport aufwendig betriebenen Anti-Doping-Aktivitäten verkannt», kritisierte Kluge in der «Märkischen Oderzeitung».

«Wir haben ein sehr intensives und gut funktionierendes Dopingkontrollsystem. Deshalb finden wir ja auch so viele Übeltäter. Das ist wie mit der Polizei: Wenn die funktioniert, werden die Täter entlarvt. Wird ein Gauner gefasst, wird ja nicht gleich die ganze Stadt geschlossen», sagte der 46-jährige Kluge.

 

Offener Brief von Mike Kluge an Winfried Hermann im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Winfried Hermann,

vielen Dank, dass Sie sich zum Thema Dopingkontrollen im Radsport äußern. Nur unterliegen Sie einem kleinen Denkfehler und das ist keine gute Sache, weil Sie ein Politiker sind. Denken braucht etwas Zeit, etwa so:

Wenn im Männer-Profi-Radsport (Strasse) Dopingfälle auftauchen und Sie deshalb den ganzen Radsport abstrafen wollen, dann bestrafen Sie beispielsweise auch den Nachwuchs, den Frauen-Radsport, den Mountainbike- und Bahnradsport und diverse andere Radsportdisziplinen. "Erschieße alle, dann fällt bestimmt auch der Schuldige", das ist kein gutes Motto für einen Politiker. Nein, Herr Hermann, das ist auch so gar kein Motto für einen grünen Politiker, das ist eines für's Wirtshaus. Bei näherem Nachdenken werden Sie nämlich finden, dass wir eher die aufwändigen Anti-Dopingaktivitäten des Radsports breiter anlegen müssen, hinüber in andere Sportarten. Erfahrungen, die wir hier im Anti-Dopingkampf machen, können übertragen werden und so auf das Denken aller Sportler, auch der Freizeitsportler, Einfluss nehmen. Das Finden und Aufzeigen von Übeltätern ist zudem eine Form von Vorbeugung! Vorbeugende Instrumente sollten wir doch nicht aus der Hand geben, nicht wahr? Das heisst, der Radsport sollte unterstützt, und nicht bekämpft werden.

Wir im Radsport haben eine intensives, funktionierendes Dopingkontrollsystem* und deshalb finden wir auch was, was ja gut ist. Das ist wie mit der Polizei, die funktioniert auch, deshalb findet die auch was, nämlich die Übeltäter und dann freuen sich alle. Also, Herr Hermann, wenn wir wieder einen unserer Übeltäter finden, dann freuen Sie sich einfach mit uns, denn Sie wissen dann, dass der Radsport genau das tut, was Sie und wir alle ja eigentlich wollen: den Radsport sauber halten. Wenn aber immer wieder ein neuer Übeltäter nachwächst, macht nichts, Herr Hermann, Sie wissen nun, wir haben eine funktionierende Polizei, Pardon, Dopingkontrolle, deren Erfahrung wir nutzen für alle solche Fälle, auch für zukünftige.

So, jetzt haben wir nachgedacht. Und wenn die Polizei wieder einmal einen Kriminellen fängt, werden wir nicht gleich die Abschaffung des ganzen Staates mit seinen öffentlichen Fördergeldern fordern, in dem diese Menschen herangewachsen sind, oder Herr Hermann?

* nur im Radsport gehören Blutkontrollen zum Standard und nur im Radsport gibt es für die Sportler die Pflicht zum Gesundheitspass, wo über alle wichtigen Parameter Buch geführt wird.

Auf Ihrer Internet-Seite loben Sie die "Antidoping-Politik der Spiele. Es habe weniger Dopingfälle gegeben, als ursprünglich befürchtet." Dazu gebe ich Ihnen folgende interne Information: Blutkontrollen wurden in Peking zwei Tage vorher bekannt gegeben! Und das ist nach deutschen und internationalen Kontrollstandards eigentlich nicht zulässig. Wozu dies führen kann, überlasse ich Ihrer Phantasie.

Zu diesem Thema könnten Sie sich am 09.11. um 16:00 Uhr auf 3Sat die Wiederholung der Sendung, Hitec zum Thema "Manipulation der Gene" informieren.

Mike Kluge

 
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