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Ein Helfer kümmert sich um den gestürzten Tom Boonen.
07.07.2011 14:21
Zorn nach Sturz-Etappe: «Gott sei Dank am Leben»

Dinan (dpa) - Enge Straßen, riskante Streckenführung, Unfälle im Minutentakt: Nach dem Giro d'Italia hat sich auch die Tour de France wieder eine Sicherheitsdiskussion eingebrockt.

Wegen des Sturzfestivals auf dem 5. Teilstück gerieten etliche Radprofis in Rage und erhoben schwere Vorwürfe gegen die Veranstalter der wichtigsten Rundfahrt des Jahres. «Gott sei Dank bin ich noch am Leben und in einem Stück», klagte der Däne Jakob Fuglsang vom Team Leopard-Trek via Twitter. «Das war die dümmste Etappe, die ich je gefahren bin.» Sein Teamkollege Jens Voigt aus Berlin meinte: «Das war durchaus zweifelhaft.»

Die Etappe im Norden der Bretagne hatte im Peloton, das am Morgen danach in Teilen einem fahrenden Lazarett glich, sichtbare Spuren hinterlassen. Bandagiert an Ellbogen, Schultern und Knien schleppten sich Fahrer am Donnerstag zur Einschreibung für die 6. Etappe. So etwa Ex-Weltmeister Tom Boonen, der sich bei seinem Sturz am Rücken und an der Schulter verletzte, den rechten Oberarm komplett aufschürfte und eine leichte Gehirnerschütterung erlitt.

«Grausame Schönheit» titelte die «L'Èquipe» - darunter großflächig im Bild das Chaos eines der vielen Massenstürze. Leidtragende der Unfälle waren weitere prominente Namen wie Alberto Contador, Levi Leipheimer und Robert Gesink. «Ich weiß nicht, was da war», twitterte Leipheimer, «aber es hat mich ganz schön erwischt». RadioShack-Teamkollege Janez Brajkovic musste die Tour gar verlassen, der Slowene wurde mit Kopf- und Schulterverletzungen ins Krankenhaus gebracht. «Solche Straßen gehören nicht zur Tour», meinte Leipheimer.

Der Tour-Veranstalter ASO hatte für die Strecke einen zweifelhaften Kurs gewählt, durch kleine Dörfer und an gefährlichen Hindernissen vorbei. Renndirektor Jean-Francois Pescheux schob die Verantwortung den Teams zu. «Das Peloton ist bestimmt von Nervosität.» Für Marcus Burghardt ist das kein Wunder. «Das passiert, wenn jeder über Funk hört: Achtung: In zehn Kilometer wird es eng», sagte der BMC-Profi aus Zschopau der Nachrichtenagentur dpa. «Es war zu riskant.»

Erinnerungen wurden wach an den diesjährigen, von waghalsigen und auf Spektakel getrimmten Etappen geprägten Giro, als die Fahrer auf Abfahrten geschickt werden sollten, bei denen sie nur von Fangnetzen vor dem Sturz in die Tiefe bewahrt worden wären. Der Belgier Wouter Weylandt kam im Mai in Italien bei einem Sturz ums Leben.

Mancher sieht die Tour auf ähnlichem Weg hin zu mehr Spektakel und Gefahr. Schon im Vorjahr wurden die Fahrer in der ersten Woche über gefährliches Pflaster geschickt, in Nordfrankreich und Belgien platzte dabei unterem der Tour-Traum von Frank Schleck.

«Das hat nichts mehr mit Radrennen zu tun», schimpfte der Schweizer Fabian Cancellara. Spannend sei die Frankreich-Rundfahrt auch ohne derartigen Husarenritte, sagte Burghardt. «Ich bin nicht ganz dahintergestiegen, was die Tour bezwecken will.»

Routinier Voigt, der nach einem Tour-Sturz 2009 beinahe seine Karriere hatte beenden müssen, erkannte in den vergangenen Jahren zwar ein Bemühen um mehr Sicherheit. Die Etappe nach Cap Fréhel sei aber «eine Ausnahme» gewesen. Für David Millar war der Tagesabschnitt «im Vergleich zum Giro-Wahnsinn aber immer noch ein Kinderspiel».

Eine besondere Sicherung hat das HTC-Highroad-Team entwickelt: Ex- Topsprinter Erik Zabel fährt täglich die gesamte Strecke mit dem Auto ab und informiert Teamchef Rolf Aldag über die markanten Stellen. «Wir verlassen uns 100 Prozent auf seine Aussagen», erklärte Aldag. «Wenn er sagt, fahrt um einen Kreisverkehr rechts herum, und alle anderen fahren links, fahren wir so wie Erik uns das gesagt hat.»


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