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22.03.2009 10:00
Zabel-Armband für Zögling Cavendish

San Remo (dpa) - Als Erik Zabel vor Freude seinen «Schüler» Mark Cavendish herzte und gar nicht mehr loslassen wollte, vergoss Heinrich Haussler bittere Tränen. Der Cottbuser hatte bei der 100. Auflage von Mailand-San Remo nur um Millimeter den größten Erfolg seiner Karriere verpasst - und zugleich die Chance, in die Fußstapfen des vierfachen «Primavera»-Champions Zabel zu treten. «Ich schaute zurück und sah 'bloody Cavendish' heranrasen. Er war extrem schnell und meine Beine sind einfach explodiert», sagte der traurige Haussler, der nach der Ergebnis-Durchsage zu Boden ging und die Hände vor sein staubbedecktes Gesicht schlug: «Ich bin total enttäuscht. Das war so knapp. Der zweite Platz ist der erste Verlierer.»

Leid und Freud' lagen für die deutschen Protagonisten beim Europa-Comeback von Lance Armstrong, der als 125. kein Ausrufezeichen an die Konkurrenz setzen konnte, dicht beieinander. Während Haussler nicht fassen konnte, dass er den 298 Kilometer langen Radklassiker erst nach einem Foto-Finish-Entscheid verloren hatte, war Zabel und Rolf Aldag nach dem Columbia-Coup zum Scherzen zumute: «Wenn Cavendish dreimal gewonnen hat, fangen wir an, sein Rad zu sabotieren, damit er nicht den Rekord von Erik erreicht», sagte Sportdirektor Aldag, der sich wieder einmal auf seinen Vorzeige-Sprinter verlassen konnte.

Cavendish fing Haussler, der nach einem Solosprint wie der sichere Sieger aussah, kurz vor der Ziellinie per Tigersprung noch ab und untermauerte seinen Ruf als schnellster Mann des Feldes. Der Bahn-Weltmeister, im Vorjahr vierfacher Etappensieger der Tour de France, wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte. «Ohne seine Hilfe hätte ich nicht gewonnen», lobte der Brite seinen Sprint-Lehrer Zabel.

Am Vortag waren die beiden gemeinsam den Rad-Marathon abgefahren, Zabel hatte seinem Musterschüler die Schlüsselstellen gezeigt. «Ich habe ihm erklärt, wo er ans Limit gehen muss», sagte Zabel, der bei der Erkundungsrunde gestürzt war und eine Bruch des Fersenbeins befürchtet. Davon scheinbar unbeeindruckt, ließ sich der 38-Jährige einen Freudenhopser im Ziel aber nicht nehmen. Seinem 23- jährigen Nachfolger streifte er ein Armband über, das ihm Ehefrau Cordula nach seinem Premierensieg bei Mailand-San Remo 1997 geschenkt hatte. Ärger mit der Gattin muss er aber nicht fürchten. «Meine Frau hat mir ein neues Armband versprochen», meinte Zabel.

Bei allem Jubel hatten die Columbia-Macher in der Stunde ihres Erfolgs auch Mitleid mit dem unglücklichen Haussler. «Natürlich tut er mir leid», sagte Zabel, der als bislang letzter Deutscher 2001 in San Remo gewonnen und 2004 auf den letzten Metern seinen fünften Sieg verpasst hatte. Anders als Zabel, der damals zu früh jubelte und noch von Oscar Freire überholt wurde, muss sich Haussler keinen Vorwurf machen. Eigentlich als Anfahrer für den am Ende drittplatzierten Cervelo-Kollegen Thor Hushovd vorgesehen, übertölpelte der 25-Jährige die Sprintelite mit einer Attacke und verpasste nur knapp seinen vierten Saisonsieg. «Ich wollte eigentlich auf Hushovd warten, aber er kam nicht. Also habe ich durchgezogen», sagte Haussler.

War der gebürtige Australier in der vergangenen Saison Profi im Gerolsteiner-Team, hat er sich in der Schweizer Cervelo-Equipe zu einem Siegfahrer gemausert. Aldag ist sicher, dass Haussler noch oft Grund zum Jubeln haben wird: «Wenn er den Sprung, den er seit letzter Saison gemacht hat, stabilisiert, wird er am Ende seiner Karriere vielleicht über diese verpasste Chance lachen können, weil er dann sehr viele Siege auf dem Konto hat.»

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