Méribel (rad-net) - Mit seinem herausragenden Auftreten bei der diesjährigen Tour de France sind in den vergangenen Tagen und Wochen vermehrt Spekulationen aufgekommen, ob Wout van Aert in Zukunft bei einer dreiwöchigen Rundfahrt aufs Gesamtklassement fahren könnte. Jetzt hat der Belgier bekannt gegeben, dass diese Rolle für ihn keinerlei Reiz oder Priorität besäße.
Van Aert hat als Edelhelfer für seinen Teamkapitän Primož Roglič bei der andauernden Tour de France bereits viel Aufsehen erregt, als er zu Beginn der Tour direkt zwei Etappen für sich entscheiden konnte und seitdem regelmäßig die Tempoarbeit in den Bergen übernimmt. Am Dienstag führte er die Gruppe um das Gelbe Trikot die ersten neun Kilometer den finalen Anstieg am Grand Colombier hinauf und zwang mit seinem Tempo Egan Bernal (Ineos Grenadiers) und Nairo Quintana (Arkea-Samsic) aus der Gruppe heraus reißen lassen zu müssen. Trotz großer Anstrengung bei der Tempoarbeit, rollte der 26-Jährige anschließend zeitgleich mit Bernal über die Ziellinie.
«Ich trau mich fast nicht, es zu sagen, aber in meinen Augen hat Wout van Aert alles, um ein Grand Tour-Sieger zu werden. Wenn er künftig mit spezieller Vorbereitung zu einer Grand Tour fährt und seine Stärke in den Massensprints nicht verliert, dann kann er auch aufs Podium fahren», erklärte der ehemalige Teammanager Johan Bruyneel im Interview mit «Wielerflits». Er selber habe, abgesehen von Bernard Hinault, nie einen Fahrer gesehen, der derartige Tempoarbeit am Berg verrichten und sich anschließend im selben Rennen im Massensprint durchsetzen konnte.
Van Aert reagierte auf diesen Vergleich hingegen bescheiden. Seine Leistungen seien zwar sehr gut, doch er genieße es, nach einer gewaltigen Anstrengung einfach loslassen zu können – ein Luxus, den sich die Klassementsfahrer nicht erlauben könnten: «Das ist definitiv nicht auf meiner Prioritätenliste. Um eine Grand Tour zu gewinnen, muss man drei Wochen lang auf dem höchsten Level performen. Also noch höher, als das was ich gerade zeige. (…) Ich habe andere Ziele, die ich zuerst erreichen will.»
Sollte er sich dennoch dazu entscheiden, als Klassementsfahrer zu einer dreiwöchigen Rundfahrt aufzubrechen, so müsse er sich drastisch verändern – Maßnahmen, die der Fahrer noch nicht bereit ist vorzunehmen. «Wenn ich mich selbst umschulen würde, um ein großes Wunderkind zu werden, dann würde bis zu einem Punkt gehen, an dem ich nicht mehr umkehren kann. Mein Körper würde sich verändern, ich würde Gewicht verlieren und all meine Qualitäten, um Klassiker und Sprints zu gewinnen. Das will ich einfach nicht», erzählte Van Aert im Interview mit «Het Laatste Nieuws» am Montag.
Nach der Tour de France, auf deren letzte Etappe auf der Champs-Elysées noch einmal die Chance für einen Sieg Van Aerts lauern könnte, wird der Belgier zu den Weltmeisterschaften in Imola, Italien aufbrechen. Sowohl für das Zeitfahren, als auch das Straßenrennen sind die Ambitionen des belgischen Kapitäns klar: «Mein Ziel ist es, zu gewinnen. Ich bin zurzeit in sehr guter Form und ich fahre nicht nach Italien, um einfach nur teilzunehmen. Ich werde meine Chancen definitiv nutzen.»