Brügge (rad-net) - Acht Jahre nach ihrem letzten Titel hat Ellen van Dijk gestern zum zweiten Mal dasWM-Zeitfahren gewonnen. Die Niederländerin konnte sich auf dem 30,3 Kilometer langen Kurs gegen Marlen Reusser (Schweiz) und Annemiek van Vleuten (Niederlande) durchsetzen und stellte mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50,377 km/h einen neuen Rekord bei der WM auf.
«Das ist ein wahr gewordener Traum für mich», freute sich Van Dijk gestern im Ziel über das Regenbogentrikot. «Diese Disziplin ist meine Leidenschaft. Ich wusste, dass mir der Kurs liegen, aber auch, dass es hart werden würde. Marlen war in den letzten Wochen immer besser als ich. Ich musste also noch eine Schippe drauflegen im Vergleich zu den vergangenen Wochen. Und das hat geklappt. [...] Ich habe den zweiten Titel seit 2013 gejagt. Jede Medaille, die ich bei einer Meisterschaft gewonnen habe, hat eine Geschichte. Es ist immer frustrierend, wenn man verliert. Gewonnen zu haben, ist also eine große Erleichterung. Im Moment fühlt es sich wie der schönste Sieg überhaupt an.»
Tatsächlich spielte sich der Titelkampf gestern nur zwischen Reusser und Van Dijk ab. Die Niederländerin startete rund eine Stunde vor der Konkurrentin, eine Gegebenheit, über die die Fahrerin nicht allzu glücklich schien: «Ich habe die Startliste gesehen und war nicht wirklich zufrieden. [...] Ich bin schnell gestartet und habe das Rennen schnell beendet. Ich wusste nicht, ob es reichen würde. Jetzt zu wissen, dass es gereicht hat, ist etwas, das ich mir nie erträumt hätte.»
«Ich möchte nie die Zwischenzeiten hören. Ich möchte einfach mein eigenes Zeitfahren fahren. Ich wusste, dass ich zum Äußersten gehen musste und die Weltmeisterschaft erst nach der Ziellinie enden würde. Ich musste alles geben», erklärte die 34-Jährige weiter. «Ich bin immer selbstkritisch und finde Dinge, die ich hätte besser machen können, aber mein Freund hat mir dann gesagt, dass ich einen guten Job gemacht hätte.»
Trotzdem entwickelte sich nach dem Start Reussers ein regelrechter Krimi. Die Schweizerin fuhr in der ersten und zweiten Zwischenzeit nach 13,8 beziehungsweise 20,8 Kilometern Bestzeit, bevor sie im letzten Drittel des Rennens schließlich Boden verlor und im Ziel zehn Sekunden Rückstand verzeichnete. «Ich habe schon gute Zeitfahren absolviert, bei denen mich Marlen trotzdem geschlagen hat», berichtete Van Dijk von ihren Sorgen während des Rennens. «Es war nervenaufreibend, denn ich wusste, dass es möglich war. Als ich gesehen habe, dass sie bei der ersten Zwischenzeit vier Sekunden schneller war als ich, dachte ich, dass sie mich schlagen würde.»
Vergangene Woche hatte Van Dijk bereits das Straßenrennen der Europameisterschaften für sich entschieden. Das Regenbogentrikot im Zeitfahren bezeichnete der Profi nun als willkommene Ergänzung für das kommende Jahr: «Das wird eine schöne Kollektion von Trikots für das nächste Jahr. Ich werde viel Waschmittel für weiße Kleidung benötigen. Das Straßenrennen der EM zu gewinnen war eine Überraschung, nachdem ich im Zeitfahren zwar gut, aber eine andere besser war. Wenn irgendjemand besser ist, dann merkt niemand, dass Du gut warst.»