Imola (rad-net) - Morgen wird die Straßen-Weltmeisterschaft in Imola in Italien mit dem Einzelzeitfahren der Frauen eröffnet. Für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) starten Lisa Brennauer, die 2014 schon einmal Weltmeisterin in der Disziplin war, und Mieke Kröger. Beide haben sich dieses Jahr als Ziel mindestens die Top Ten gesetzt.
Den beiden deutschen Nationalfahrerinnen sollte der relativ flache Kurs rund um die berühmte Motorsport-Strecke von Imola entgegenkommen. Das bestätigte Brennauer auch in einem Pressesgespräch am Vorabend der Titelkämpfe: «Ich finde die Strecke super. Es ist ein schöner, schneller Kurs, der technisch nicht so anspruchsvoll ist. Ich denke, dass wir beide gute Karten haben werden, denn der Kurs liegt uns. Die Top Ten ist definitiv möglich.» Und Kröger sagte: «Auch mir gefällt die Strecke sehr gut. Und ich fühle mich gut und wohl auf dem Rad. Deshalb wünsche auch ich mir einen Platz in den Top Ten.»
In dieser Saison herrschte aufgrund der Corona-Pandemie stets Unsicherheit, ob und welche Rennen überhaupt stattfinden können. Das war auch bei der WM nicht anders. War sie zunächst in Aigle und Martigny in der Schweiz geplant, musste sich dort aufgrund der Corona-Maßnahmen abgesagt werden und wurde kurzfristig nach Italien verlegt. «Ich freue mich total, dass die WM unter diesen Umständen hier noch aus dem Boden gestampft wurde», sagte Brennauer. «Eine WM ist immer etwas Besonderes.»
Wenngleich die Vorbereitung auf die Welttitelkämpfe nicht einfach war. «Man hat lange nicht gewusst, ob die WM stattfindet. Deswegen war die Vorbereitung schwierig. Aber ich denke, ich habe mich gut über den Giro Rosa vorbereitet und Mieke ist bei der Tour de l'Ardèche gefahren und hat dort gute Wettkampf-Kilometer gesammelt», so Brennauer und sagte weiter: «Aber man weiß trotzdem nicht, wo man steht. Man hofft so sehr und steckt sich Ziele. Aber ich glaube, dass man morgen einfach Vollgas fahren muss, und dann wird man sehen.»
Für Kröger stand die WM sogar noch länger in den Sternen, denn ursprünglich sollte Lisa Klein an der Seite von Lisa Brennauer den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) im Zeitfahren vertreten. Doch Klein leidet an einer Magen-Darm-Infektion und musste für die WM passen. So wurde Kröger kurzfristig nachnominiert. «Ich habe am Montagmorgen den Anruf von Bundestrainer André Korff bekommen, dass ich schnell meine Sachen packen soll. Und dann bin ich über Frankfurt, wo ich noch mein Rennrad beim BDR abgegeben habe, nach Italien geflogen», berichtete die 27-Jährige.
Aber nicht nur die Unsicherheit, ob die WM stattfinden wird, machte es den beiden Sportlerinnen nicht einfach. «Es gab keine Vergleichswettkämpfe, außer für manche die Europameisterschaft. Aber da waren Nationen aus Übersee natürlich nicht am Start», sagte Kröger, die genauso wie Brennauer Titelverteidigerin Chloe Dygert aus den USA sowie die Niederländerinnen Anna van der Breggen und Ellen van Dijk sowie Marlen Reusser aus der Schweiz als die größten Medaillenkandidatinnen sieht.
Der BDR hat mit seinen Sportlerinnen und Sportlern ein Hotel unweit der Strecke, unter anderem sind dort auch die Schweizer eingemietet. Doch aufgrund der Corona-Pandemie ist vieles anders, ein Zusammensein mit den anderen Nationen gibt es nicht. «Wir haben separate Essensräume und laufen uns dort nicht über den Weg. Natürlich trifft man sich mal auf dem Hof, aber eigentlich gibt es keine großen Berührungspunkte - weder mit anderen Nationen, noch anderen Hotelgästen», erklärte Kröger.
Die erste Fahrerin - Amber Joseph aus Barbados - wird morgen um 14:40 Uhr von der Startrampe rollen. Mieke Kröger ist um 14:58 Uhr an der Reihe, Lisa Brennauer folgt um 15:50 Uhr. Als letztes geht Chloe Dygert um 15:55 Uhr auf die Strecke. Die beiden Deutschen wollen dann top vorbereitet sein. «Heute Abend werden wir nur noch zu Abend essen. Morgen früh geht es dann noch einmal aufs Rad, dann folgt die Besprechung. Dort geht es dann um unsere Startzeiten, von wo der Wind kommt, etc. Also der letzte Feinschliff. Zwei Stunden vor dem Wettkampf fahren wir dann zum Start», erklärte Brennauer.
Brennauer konnte 2014 schon einmal ins Regenbogentrikot fahren, in den letzten Jahren lief es bei der 32-Jährigen allerdings nicht wie erhofft. Doch sie will zu alter Stärke zurückfinden: «Ich habe super hart an mir gearbeitet, um wieder da hin zu kommen, wo ich mal war.» Dazu gehörten für Brennauer neben dem Training beispielsweise auch Aerodynamiktests. «Es ging spürbar schrittweise voran. Und das war mein großes Ziel, mich wieder weiter nach vorne zu entwickeln. Der vierte Platz bei der EM war eine kleine Überraschung für mich. Das hat mich riesig gefreut und mir Selbstvertrauen für die WM gegeben. Zeitfahren ist eine extrem mentale Disziplin, man muss mit dem Druck von außen und dem, den man sich selber macht, klarkommen. Sonst fährt man nicht vorne mit.»