Frankfurt (rad-net) - Kommende Woche beginnt die Super-Weltmeisterschaft im Radsport. Im schottischen Glasgow werden in allen Radsport-Disziplinen – mit Ausnahme von Cyclo-Cross – die WM-Titel vergeben. Das ist auch eine große Chance für die Randsportarten, die sonst nicht im Fokus stehen. Trial-Spezialisten, Downhiller sowie BMX Freestyler und Racer freuen sich auf ein breites Interesse. Der BDR wird in allen Disziplinen vertreten sein.
BMX Freestyle
Eine Medaille ist das erklärte Ziel der BMX-Freestyler. Im letzten Jahr verpasste Kim Lea Müller als Vierte nur knapp das Podium. Die Remscheiderin war die Senkrechtstarterin der letzten Saison, wo sie bei den European Championships in München Zweite wurde. Auch in diesem Jahr krönte sie ihre Performance mit EM-Silber und wurde außerdem Deutsche Meisterin. «Kim ist immer für eine Überraschung zu haben», hofft Bundestrainer Tobias Wicke auf einen weiteren starken Auftritt der EM-Zweiten. Sie selbst gibt sich zurückhaltend: «Es wäre cool, aufs Podium zu fahren», sagt Müller, «aber ich lasse mich nicht unter Druck setzen.»
Lara Lessmann aus Flensburg, die bei den letzten Olympischen Spielen in Tokio trotz einer kurz vorher erlittenen Schlüsselbeinfraktur auf den sechsten Platz fuhr, gehört ebenfalls zu den Kandidatinnen, die in Glasgow um die WM-Medaillen kämpfen. Ebenfalls im Aufgebot: die erst 16-jährige Lillyana Seidler aus Mecklenburg-Vorpommern, die bei den Deutschen Meisterschaften auf den dritten Platz fuhr.
Auch bei den Männern wird das Podium der DM die Reise nach Glasgow antreten: Der Deutsche Meister Timo Schulze, Paul Thölen und Tom Clemens wollen es ebenfalls ins Finale schaffen.
Aber die Konkurrenz in der Trendsportart Freestyle Park ist größer geworden. Neben den USA, Frankreich und der Schweiz sind vor allem im Frauen-Bereich die Chinesinnen auf dem Vormarsch. «Sie räumen derzeit alles ab», weiß Wicke. Aber seine Mannschaft ist ebenfalls in Top-Form, was sie unlängst bei den Finals in Duisburg unter Beweis stellten, wo sie ein großes Publikum mit ihren gewagten Sprüngen begeisterten.
Dass der BMX Park von Glasgow erst kurz vor der Veranstaltung fertig wurde und keinem der Teilnehmer vor der WM bekannt ist, kann ein Vorteil sein. «Aber eigentlich spielt das nicht so eine große Rolle», glaubt Wicke. Die Gegebenheiten seien für alle gleich.
In Glasgow geht es nicht nur um WM-Medaillen, sondern auch um begehrte Tickets für die Teilnahme an Olympia-Qualifikationskämpfen. «In Glasgow können wir uns einen weiteren Platz sichern», erklärt Wicke, weshalb diese WM für seine Sportlerinnen und Sportler so wichtig ist. Die Finalkämpfe im BMX Freestyle Park finden am 7. August statt.
BMX Race
Auch die BMX Racer kämpfen um die Olympia-Teilnahme. Darum reisen sie schon Ende Juli nach Glasgow, um sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen. Die BMX-Bahn liegt an der Archerhill Road, an gleicher Stelle wie vor fünf Jahren bei den European Championships, wurde aber vor dieser WM noch einmal umgebaut und auf den technisch neuesten Stand gebracht.
Der Deutsche Meister Stefan Heil und Philip Schaub, der bei den Europameisterschaften im Juli einen bemerkenswerten fünften Platz erkämpfte, sind die Hoffnungsträger der deutschen Mannschaft. «Die Konkurrenz ist noch mal um ein Vielfaches größer als bei der EM in Frankreich, aber wir wollen natürlich so weit wie möglich kommen und sind hoch motiviert», sagt Schaub, der die letzten Tage vor der WM mit seinen Kader-Kollegen auf der Bahn in Stuttgart trainierte. «Die WM ist der wichtigste Wettkampf des Jahres. Wir werden alles geben», sagt der mehrfache Deutsche Meister Heil.
Die letzte WM-Medaille eines deutschen Fahrers liegt schon zehn Jahre zurück: Das war Luis Brethauer im Jahr 2013. Es wäre also wieder einmal Zeit, einen deutschen Fahrer aufs Podest zu bringen.
Neben der Eliteklasse werden in Glasgow auch U23 und Junioren um WM-Medaillen kämpfen. Die finalen Wettbewerbe finden am 13. August statt.
Trial
Einen Tag zuvor bestreiten die Trial-Spezialisten ihre Endkämpfe. Der BDR geht mit sehr aussichtsreichen WM-Hoffnungen in die Wettbewerbe. Ganz oben steht Nina Reichenbach, fünfmalige Weltmeisterin, Weltcup-Gewinnerin und Deutsche Meisterin. Sie wird sich in Glasgow mit der Spanierin Vera Baron ein packendes Duell liefern, die ihr 2021 den WM-Titel wegschnappte. Aktuelle Titelverteidigerin aber ist Reichenbach, und sie wird alles tun, das Regenbogentrikot erneut zu gewinnen. «Abseits des Wettkampfs mögen wir uns. Die Duelle mit ihr machen sehr viel Spaß, und sie kann genauso gut wie ich mit Druck umgehen. Das macht es spannend», freut sich Reichenbach auf die WM in Glasgow. Beim letzten Test, dem Weltcup in Frankreich, wurde sie Dritte hinter Baron und einer weiteren Spanierin.
Auch Oliver Widmann, zweimaliger Junioren-Weltmeister, will es wieder aufs Podium schaffen. Im letzten Jahr erkämpfte sich der Elite-Fahrer in der 26-Zoll-Klasse die Bronzemedaille hinter dem Briten Jack Carthy und Daniel Baron aus Spanien.
In der Eliteklasse der Männer 20 Zoll gehört Dominik Oswald, im letzten Jahr WM-Siebter, zu den aussichtsreichsten deutschen Kandidaten, 2019 vor der Corona-Pandemie war Oswald schon einmal Weltmeister.
Aussichtsreicher Juniorenfahrer ist der amtierende Deutsche Meister Jan Welter, der 2022 auf den neunten Platz fuhr.
Neben den Einzelwettbewerben hat die deutsche Trial-Staffel ebenfalls Medaillenchancen. Traditionell wird dieser Teamwettbewerb mit Sportlerinnen und Sportlern aus allen Rennklassen zusammengesetzt. Die Entscheidung im Staffelwettbewerb fällt am 9. August, die Medaillen der Einzelwettbewerbe werden am 12. August vergeben.
MTB Downhill
Im Downhill stehen die Chancen gut, dass Nina Hoffmann aufs Podest kommt. Die Thüringerin gilt als eine der weltbesten Bikerinnen in ihrer Spezialdisziplin und sie hat einen Vorteil: Die Strecke in Fort William gehört zu denen, die sie am liebsten mag, dort hat sie schon Weltcuprennen gewonnen. «Ich freue mich sehr, dass ich dort um eine WM-Medaille kämpfen kann», sagt sie.
Gespannt darf man auch auf Junioren-Fahrer Henri Kiefer sein, der sich im Lauf der Saison mit einigen Top-Platzierungen hervorgetan hat und hoch motiviert nach Schottland reist.
Die Downhill-Strecke ist allen Bikern bestens bekannt. Sie liegt in Fort William, am Ufer des Loch Linnhe, der längsten Meeresbucht (Sea Loch) Schottlands, circa 120 Kiloemter von Glasgow entfernt. Dort wurden schon viele Downhill-Weltcups ausgerichtet. Auf 2,8 Kilometern müssen die Athletinnen und Athleten 555 Meter im sogenannten «Vertikalen Fall» überwinden.