Gap (dpa) - Überraschender Sinneswandel: Lance Armstrong will nach den Doping-Anschuldigungen von Floyd Landis nun doch mit den gegen ihn ermittelnden US-Behörden zusammenarbeiten.
«Wenn es sich um eine legitime Untersuchungskommission handelt, glaubwürdig und gerecht, werde ich kooperieren», sagte der 38-Jährige vor dem Start der 10. Etappe der Tour de France. Der texanische Radprofi betonte aber: «Ich werde mich nicht an einer Hexenjagd beteiligen.»
Doch seine belastende Vergangenheit lässt Armstrong bei seiner letzten Frankreich-Rundfahrt einfach nicht zur Ruhe kommen. In der möglichen Doping-Affäre um sein früheres US-Postal-Team haben die Ermittlungsbehörden in den USA nun weitere potenzielle Zeugen vorgeladen. Dies berichtete die angesehene «New York Times». Dabei sollen auch Fahrer befragt werden, die derzeit bei der Tour am Start sind. Sie müssten vor einer sogenannten «Grand Jury» aussagen, die entscheidet, ob Anklage erhoben wird.
Diese Entwicklung bezeichnete die angesehene Tageszeitung als «bedeutenden Schritt» im Zuge der Ermittlungen, die Armstrongs früherer Teamkollege Landis mit seiner Doping-Beichte ausgelöst hatte. Das Blatt beruft sich auf mehrere Personen, die mit dem Fall vertraut sind.
Auch wenn sich Armstrong bei der Tour alle Mühe gibt, Landis' Aussagen als «Müll» und «falsche Anschuldigungen» abzutun, ist nicht zu übersehen, dass er nicht sorglos durch Frankreich fährt. «Sicher wird ihn das belasten», meinte der einen Tag ältere Berliner Jens Voigt, der wie Armstrong seine 13. Tour bestreitet. Er wisse aber nicht, ob an den vielen Vorwürfen etwas dran sein, fügte der Veteran aus Berlin hinzu.
Die von Topfahnder Jeff Novitzky - er hatte im Zuge der Doping- Affäre Balco unter anderen Olympiasiegerin Marion Jones des Meineides überführt - geleiteten Ermittlungen wurden durch das Geständnis von Landis angestoßen. Der 34-Jährige hatte von systematischem Doping im US-Postal-Team berichtet und dabei auch Armstrong beschuldigt. Der Tour-Rekordsieger, den die «L'Équipe» 2005 in nachträglichen Proben von 1999 wissenschaftlich des EPO-Dopings überführt hatte, hat jegliche Manipulation stets bestritten.
Landis, dem der Tour-Sieg 2006 wegen Testosteron-Dopings aberkannt worden war, soll nicht zu den Zeugen gehören, die Vorladungen erhalten haben - zumindest vorläufig nicht, wie die «New York Times» schreibt. Zuvor war bekanntgeworden, dass die Amerikaner George Hincapie und Tyler Hamilton zu den Zeugen zählen sollen. Die beiden ehemaligen Teamkollegen Armstrongs haben bereits ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert.
Die Behörden seien vor allem an Personen interessiert, die bei der Finanzierung von Armstrongs ehemaligem Rennstall geholfen haben. Die Ermittlungen sollen nämlich auch klären, ob US-Steuermittel zur Finanzierung von Doping missbraucht wurden. Armstrong betonte in Chambéry, dass er nicht der Besitzer des US-Postal-Teams gewesen sein, sondern nur angestellter Fahrer.