Löwen (rad-net) - Biniam Ghirmay hat bei der diesjährigen WM in Flandern nicht nur die erste Medaille für Eritrea überhaupt gewonnen, sondern auch als erster dunkelhäutiger Fahrer eine Medaille bei der Straßen-WM geholt. Der 21-Jährige gewann beim U23-Straßenrennen am Freitag Silber hinter Solosieger Filippo Baroncini und widmete seinen Erfolg Eritrea und ganz Afrika.
«Für mich, meine Nation und ganz Afrika bedeutet dies sehr viel», erklärte der überraschende Vize-Weltmeister in der Pressekonferenz nach dem Rennen. «Ich bin sehr glücklich. Ich bin sehr stolz auf mein Land, also sage ich herzlichen Glückwunsch zu allen Eritreern und zu allen Afrikanern. [...] Ich bedanke mich bei meiner ganzen Familie. Sie haben mich unterstützt. Sie geben mir jeden Tag eine gute Motivation. Als ich zum Sprint antrat, war ich etwas nervös, aber ich dachte auch, dass ich nur eine Medaille holen wollte. Ich wollte nicht gewinnen, sondern nur unter die ersten drei kommen, und das habe ich geschafft. Ich bin glücklich mit meiner Platzierung.»
Ghirmay stammt aus der eritreischen Hauptstadt Asmara, von wo aus er sich seinen Weg in das professionelle Peloton gesucht hat. Laut dem Fahrer bildet die Hauptstadt seines Landes das Zentrum des Radsports in Eritrea, wodurch er bei den wöchentlichen Rennen sein Talent zeigen konnte und schließlich eine Einladung von der UCI zum World Cycling Centre erhielt, wo aufstrebende Talente aus benachteiligten Ländern den Zugang zu strukturiertem Training und internationalen Rennen bekommen: «Nachdem ich die afrikanischen Kontinentalmeisterschaften - im Zeitfahren und im Straßenrennen - gewonnen hatte, lud mich die UCI ein, und so trat ich dem 2018 bei und blieb bis Ende 2019. Ich bin viele Rennen mit ihnen gefahren und habe eine Menge guter Erfahrungen gesammelt. Wenn man jung ist, kommt man nach Europa und sieht das Peloton - ein großes Peloton - und eine Menge Taktiken. Mental und körperlich bin ich im World Cycling Centre gewachsen.»
Ende 2019 konnte Ghirmay anschließend seinen ersten Profivertrag mit dem französischen Team Delko erzielen. Hier verzeichnete der Fahrer beim Saisonstart 2020 sofort zwei Etappen der Tropicale Amissa Bongo, bevor er Zweiter bei der Trofeo Laigueglia und der Tour du Doubs wurde und vier Podiumsplätze bei der Tour Rwanda einfahren konnte.
Diese Auftritte des aufstrebenden Talents blieben auch von den WorldTour-Teams nicht unbemerkt, sodass der Fahrer nach finanziellen Problemen seiner Mannschaft, im August 2021 zu Intermarché-Wanty-Gobert wechselte, wo er bis 2024 bleiben wird. Seitdem konnte der 21-Jährige seine Erfolgsgeschichte weiter fortsetzen, als er die Classic Grand Besancon Doubs Anfang September für sich entschied und zwei Tage später erneut den zweiten Platz bei der Tour du Doubs belegte. «Als ich zu diesem Team kam, war ich sehr glücklich. Ich denke, es ist ein gutes Team. Es ist nicht nur eine Mannschaft, sondern eine Familie», erklärte Ghirmay. «Ich möchte mich auch bei ihnen bedanken, dass sie mir die Chance gegeben und mich in den letzten Monaten unterstützt haben. Ich bin nach der Hälfte der Saison eingestiegen, aber sie haben mir sofort die Möglichkeit gegeben, um den Sieg zu kämpfen.»
In der kommenden Saison will sich Ghirmay besonders auf die Klassiker und hügeligen Rennen konzentrieren und seine Fähigkeiten als Sprinter weiter ausbauen: «Das ist meine größte Stärke, also arbeite ich daran, um bei den Massensprints und an den kleinen Anstiegen schneller zu sein. Ich möchte auch in den nächsten Jahren zeigen, dass ich einer der großen Fahrer sein kann.»