Montréal (dpa) - Die von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA bei der Tour de France eingesetzte Beobachter-Kommission bemängelte in ihrem vorgelegten Report zu wenig Zielkontrollen bei verdächtigten Fahrern.
Nur in einem Fall - beim dreifachen Toursieger Alberto Contador - hätten sie zum Nachweis von Clenbuterol geführt. Einige der am meisten verdächtigten Fahrer, deren Leistungen «sich signifikant gesteigert» hätten, seien «fast überhaupt nicht» getestet worden, wird in dem Report kritisiert.
Alleinverantwortlich für die Tour-Kontrollen war der Weltverband UCI, der den Fall Contador noch nicht geklärt hat. Die Kooperation zwischen WADA und der Französischen Anti-Doping-Agentur AFLD hätte die UCI-Kontrolleure zu 33 gezielt entnommenen Blut- und Urin-Proben animiert.
In das Kölner Anti-Doping-Labor, das den positiven Befund Contadors analysiert hatte, seien nur zehn Tour-Proben geschickt worden. Insgesamt waren bei der Frankreich-Rundfahrt 540 Blut- und Urin-Kontrollen vorgenommen worden. Allerdings nur bei 15 Prozent davon hätte es sich um unangemeldete - und deshalb besonders effektive - Tests gehandelt.
Bis zum Fall Contador, der erst Anfang September öffentlich wurde, obwohl die positiven Tests mehrere Wochen vorher vorlagen, war die Tour 2010 wie 2009 «clean». Die Clenbuterol-Affäre um den spanischen Seriensieger - Contador machte verseuchtes Fleisch für die erhöhten Werte verantwortlich - ist noch nicht ausgestanden. Die UCI prüfe die Angelegenheit weiter, hieß es beim Verband in Aigle/Schweiz.
Wenn die Dachorganisation Contador für schuldig hält, wird der königlich Spanische Radsportverband RFEC mit der Einleitung eines Verfahrens beauftragt. Bisher habe weder der RFEC noch das Spanische Olympische Komitee COE eine offizielle Mitteilung der UCI erhalten, obwohl beide Institutionen sie mehrfach gefordert hätten. Das erklärten RFEC-Chef Juan Carlos Castano und der COE-Vorsitzende Alejandro Blanco.
Der Tour-Report gibt 57 Verbesserungsvorschläge zur Optimierung der Doping-Kontrollen durch die UCI. Er empfiehlt zum Beispiel die Tests in den Fahrer-Hotels entweder noch früher am Morgen als bisher üblich oder sogar in der Nacht vorzunehmen. Dann sei die Möglichkeit am höchsten, gespritzte Mikrodosen von beispielsweise EPO und anderen Blut-Doping-Präparaten nachzuweisen.
Übliche Praxis ist es bisher, dass die UCI-Kontrolleure morgens gegen 7.00 Uhr in die Quartiere kommen und dann den Betreuern einige Zeit einräumen, die Fahrer zu wecken und zu den Kontrollen zu bitten. Bei der Tour 2009 hätte die Zeitspanne zwischen Eintreffen der UCI- Ärzte und Beginn der Kontrollen bei der Astana-Mannschaft mit Lance Armstrong und Contador rund eine Stunde betragen, hatte vor einem Jahr die AFLD moniert.
Die UCI reagierte am Freitag - einen Tag nach Vorlage des Reports. Der Verband prüfe, ob die Verbesserungsvorschläge nützlich und in die Praxis umzusetzen seien, erklärte UCI-Sprecher Enrico Carpani. «Es war die UCI, die die WADA als Beobachter eingeladen hatte und eine neutrale Beurteilung wollte.» Er zeigte sich befriedigt, dass die sechsköpfige Beobachter-Gruppe insgesamt von einem «guten Standard» des Anti-Doping-Programms gesprochen habe.