Hamburg (dpa) - Nachdem sie sich zuletzt meist mit medizinischen Betrügereien herumschlagen mussten, haben die Kontrolleure der Tour der France in diesem Jahr wohl neue Manipulationsversuche auf dem Zettel: die mechanischen.
Aufgeschreckt durch einen Fernsehsendung wollen Weltverband und Doping-Jäger die Rennräder genauer unter die Lupe nehmen - in ihnen könnten schließlich Motoren versteckt sein. Im Kampf gegen Betrüger setzen die Verantwortlichen der Tour aber nicht nur auf technisches Schnickschnack, sondern auch auf intensive Zusammenarbeit, in erster Linie im Kampf gegen Doping.
Der Aufschrei war groß, ebenso auch das ungläubige Kopfschütteln vieler Radsport-Experten, als der italienische TV-Kommentator und Ex-Profi Davide Cassani vor wenigen Wochen vorführte, wie man einen Akku-Antrieb problemlos im Rahmen eines Fahrrades verstecken könne. Schnell tauchten im Internet Filme auf, in denen der Schweizer Profi Fabian Cancellara bei Rennen seiner Konkurrenz fast mühelos auf und davon fährt. Fazit: Das könne doch nicht mit rechten Dingen zugehen.
Cancellara, der - neben Tony Martin - als großer Favorit für den Prolog in Rotterdam gilt, wies jede Anschuldigung als «absoluten Schwachsinn» von sich, «mein Motor ist mein Körper». Dennoch hat der Weltverband UCI beschlossen, bei der Tour alle Räder auf verbotene Motoren scannen zu wollen. An Sinn und Zweck dieser Maßnahmen zweifeln die Experten, zumal schon das Verstecken eines Motors ihm Rahmen vielen absurd erscheint. Selbst UCI-Boss Pat McQuaid hält einen solchen Betrug für nicht vorstellbar.
Ernster nehmen die Verantwortlichen dagegen das Dopingproblem - gehörten positiv getestete Sportler in den vergangenen Jahren teilweise quasi zum Alltag. Im Kampf gegen Doping setzen UCI, die französische Anti-Doping-Agentur AFLD sowie die Welt-Anti-Doping- Agentur WADA erstmals auf eine breite Allianz. Dabei soll die UCI die Dopingkontrollen leiten, die WADA alles überwachen und die AFLD mit Tipps von Polizei und Zoll helfen. Nur dem Willen der AFLD, selbst Extra-Tests während der Tour durchführen zu dürfen, gab die WADA nicht nach.
Der Zusammenschluss ist deswegen bemerkenswert, weil sich UCI und AFLD zuletzt mächtig in den Haaren lagen. Pierre Bordry von der AFLD hatte der UCI ineffektive Dopingkontrollen und generell einen zu laxen Anti-Doping-Kampf vorgeworfen. Weltverbands-Boss McQuaid entgegnete: «Bordry erzählt nur Mist und muss weg.» Nun haben sich die Gemüter der beiden Männer unter WADA-Anleitung offenbar wieder etwas beruhigt.
Das könnte auch daran liegen, dass die «Generalprobe» für die Tour offenbar erfreulich verlaufen ist. Beim Giro d'Italia will McQuaid «ermutigende Zeichen» erkannt haben. Die in den Vorjahren fast schon obligatorischen Doping-Enthüllungen nach der letzten Etappe in Italien blieben bisher aus. Der Sieger der Rundfahrt musste seinen Platz an der Sonne bis jetzt nicht nachträglich wieder räumen. Giro-Sieger im Mai war Ivan Basso, der von 2007 bis 2009 eine Dopingsperre abzusitzen hatte. Der Italiener steht zum ersten Mal seit 2006 auch wieder am Tour-Start.