Lefkara (rad-net) - Schon 2017 war sie für das Afxentia Stage Race auf Zypern gemeldet, auch vor Ort, musste dann aber krank verzichten. Nach ihrer Premiere beim Costa Blanca Bike Race 2017 bestritt Straßen-Olympiasiegerin Anna van der Breggen (Boels Dolmans) zum zweiten Mal ein Mountainbikerennen – und gewann den Klassiker, nicht nur zu ihrer eigenen Überraschung, prompt. Die spannende Frage: Wird van der Breggen jetzt öfters auf breiten Reifen unterwegs sein?
Marianne Vos hat es getan, 2013 und Folgende. Von Pauline Ferrand Prevot kennt man das. Und jetzt Anna van der Breggen. Alle drei sind sehr, sehr erfolgreiche Straßenfahrerinnen. Doch es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen Vos/Ferrand Prevot und Van der Breggen. Die beiden zuerst Genannten haben bereits im Nachwuchs-Bereich Mountainbikerennen bestritten.
Und Anna van der Breggen? «Nein», sagt sie entschieden und schüttelt den Kopf. «Niemals. Ich habe es nur zum Spaß gemacht oder im Training. Mit Rennen habe ich keine Erfahrung. Und wenn du es in Holland tust, dann ist das anders. Du musst raus aus den Niederlanden und in ein Mountainbike-Team gehen und dazu hatte ich nie die Möglichkeit, weil ich in einem Straßenteam war.»
Aber, so führt die Vizeweltmeisterin im Zeitfahren weiter aus, sie habe immer dran gedacht, es mal zu probieren. Weil sei einfach gerne Mountainbiken gehe. Vor zwei Jahren fragte sie dann Bart Brentjens um Rat. Wie sie das mit dem Mountainbiken anfangen solle, welches Rennen sie mal fahren könnte.
«Kaum Zeit für Technik-Training»
Brentjens hatte dann in seinem Team für das Costa Blanca Bike Race zufällig Bedarf an einer Partnerin für Margot Moschetti. Sie planten dieses Zweier-Teamrennen und das viertägige Afxentia Etappenrennen. An der Costa Blanca gewann das Duo van der Breggen/Moschetti prompt, doch auf Zypern musste van der Breggen wegen eines Infekts schon vor dem Start kapitulieren.
«Ich habe gemerkt, dass es schwierig ist, das umzusetzen. Ich habe kaum Zeit für Technik-Training. Oder überhaupt für Training auf dem Mountainbike», spricht sie von ihren ersten Erfahrungen. Trotzdem, Anna van der Breggen hatte Spaß und nahm 2018 einen neuen Anlauf beim das Afxentia. Wie er ausgegangen ist, wissen wir inzwischen. Dabei hatte sie an ein Ergebnis überhaupt nicht gedacht.
«Das Afxentia ist technisch, aber vielleicht nicht auf Weltcup-Niveau. Es ist auch eine gute Vorbereitung auf die Straße und wenn man sich die Etappen anschaut, dann sind da Anstiege von einer Stunde. Ich schaue nicht nach einem Ergebnis, ich hoffe gesund zu bleiben und nicht zu stürzen. Ich werde einfach genießen hier zu sein und gleichzeitig zu Trainieren.» Nun gut, ob das Ergebnis bei einer Vollblut-Rennfahrerin mit so vielen Erfolgen wirklich keine Rolle spielte? Es wurde jedenfalls das Bestmögliche.
So hat sich das am Mittwoch vor dem Prolog angehört. Dann lieferte die Niederländerin da gleich die zweitbeste Zeit ab und es war allen klar: wenn sie das Zeitfahren mit Downhill-Schwerpunkt so meistert, wird sie insgesamt auch vorne mitmischen. Nachdem sie am Sonntag den Gesamtsieg unter Dach und Fach gebracht hatte, wollte Anna van der Breggen das gar nicht überbewerten, sondern sprach lieber vom «Respekt», den sie ihren Kolleginnen auf dem Mountainbike entgegenbringen würde.
«Ich habe sehr viel gelernt, es war eine absolut großartige Erfahrung.» Und in Bezug auf das erste Cross-Country-Rennen in ihrem Leben: «Das macht schon noch mal einen Unterschied, es ist technischer und man muss diese Fähigkeiten haben. Ich war ziemlich nervös, aber ich habe es trotz des Sturzes eigentlich genossen.»
Die Individualität und das Familiäre
Anna van der Breggen wurde vom Specialized Racing Team betreut. Ihr Straßen-Team fährt ebenfalls Specialized und so bot man ihr Hilfe an. «Es ist super für mich an der Seite von Annika Langvad und Howard Grotts zu sein und von ihnen zu lernen», erklärt Van der Breggen.
Gefragt, was sie als Straßenfahrerin für einen Eindruck von den Kollegen auf dem Mountainbike gewonnen habe, hebt die 27-Jährige die «Individualität» und das gleichzeitig «Familiäre» hervor. Auf der Straße seien sie elf Sportlerinnen im Team, die nahezu dasselbe trainieren würden. Im Mountainbike, so erlebte sie das im Team Specialized Racing, würden praktisch alle was anderes machen. Auf der anderen Seite seien Frauen und Männer immer zusammen unterwegs und das würde dem Ganzen einen familiären Charakter geben.
Und nachdem sie vier Tagen Afxentia Etappenrennen erlebt hatte, hob sie auch eine andere Seite hervor. «Es war wirklich schön. Es hat sich als großer Spaß herausgestellt. Im Rennen kämpfen alle hart gegeneinander, aber hinterher sind alle nett und freundlich. Es herrscht wirklich eine großartige Atmosphäre», fasst sie ihre Eindrücke zusammen. Und: «Ich bin sehr froh, dass ich es gemacht habe.»
«Ich werde nicht zur Mountainbikerin»
Es stellt sich fast logisch die Frage, ob das eine einmalige Angelegenheit bleibt, oder ob sie möglicherweise noch öfter in einem Mountainbike-Rennen auftauchen wird. «Was ich nächstes Jahr mache, weiß ich noch nicht. Dieses Jahr werde ich noch bei den Niederländischen Meisterschaften teilnehmen. Die sind in der Nähe meiner Heimat und nicht so schwer. Aber sonst ist nichts geplant», sagt Anna van der Breggen. Um dann noch deutlicher zu werden: «Ich werde nicht zur Mountainbikerin, ich bin eine Straßenfahrerin.»
Aber, daran lässt sie keine Zweifel: «Ich liebe Mountainbiking.» Die Liebe ist während der Tage auf Zypern sicherlich nicht geringer geworden, doch erfolgsabhängig ist sie sicher nicht. Denn der Wunsch das zu tun, war ja schon vorher vorhanden.
Worin denn der Reiz dieser Disziplin für sie liege? «Ich weiß nicht», beginnt sie, zählt dann aber doch eine ganze Reihe an Faktoren auf. «Ich mag es, an schönen Orten zu sein, ich mag Klettern und im Mountainbiken kannst du viel Klettern. Ich mag Singletracks fahren, im Wald zu sein, nach links und rechts zu schauen. Das ist anders auf dem Straßenrad. Wenn ich eine Erholungseinheit fahre, nehme ich gerne mein Mountainbike und fahre in den Wald, ich mag es in der Natur zu sein.»
Das scheint echte Liebe zu sein. Auf Zypern hat sich für Anna van der Breggen damit ein wenig eine Sehnsucht erfüllt.