Berlin (dpa) - Nach dem Doping-Freispruch für Alberto Contador planen die Veranstalter der großen Rundfahrten wieder mit einem Start des bereits verloren geglaubten Superstars.
«Wenn sein Teamchef Bjarne Riis ihn aufstellt, wird er fahren», sagte Giro-d'Italia-Renndirektor Angelo Zomegnan der Nachrichtenagentur dpa. Vorausgesetzt natürlich, Contadors umstrittener Freispruch bleibt bestehen.
Der Weltverband UCI und die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA werden die spanische Verbandsentscheidung, Contador trotz dessen positiven Clenbuterol-Befundes nicht zu sperren, prüfen und wahrscheinlich den CAS anrufen. Eine Entscheidung des Sportgerichtshofs in Lausanne könnte sich aber hinziehen. «Wir sind leider zum Abwarten verdammt», klagte zuletzt bereits Tour-de-France-Chef Christian Prudhomme.
Einen Start von Contador in Italien oder Frankreich kann wohl nur noch der CAS verhindern, wenn er den 28-Jährigen aus dem Verkehr zieht. Zwar können auch die Veranstalter Fahrer ausschließen - wie 2010 Riccardo Riccò beim Giro oder 2008 Tom Boonen bei der Tour. Einen derartigen Schritt dürfte man sich in Mailand oder Paris angesichts der Stellung Contadors, der sowohl Giro als Tour bereits gewonnen hat, und des öffentlichen Interesses zweimal überlegen.
Giro-Chef Zomegnan erklärte, nicht auf Contador zugehen zu müssen: «Ich muss ihn nicht einladen, weil sein Team sowieso für die großen Rundfahrten qualifiziert ist.» Contadors Saxo-Bank-Team hat als Elite-Rennstall (ProTeam) ein automatisches Startrecht für Giro oder Tour.
Insgeheim dürfte man sich Italien ohnehin darauf freuen, Contador in die Finger zu bekommen. Der Spanier kann sich dabei auf die ein oder andere außerplanmäßige Doping-Kontrolle einstellen. Italiens Doping-Jäger vom Nationalen Olympischen Komitee CONI sind bei den Iberern berüchtigt: 2008 hatte das CONI Alejandro Valverde bei einem Tour-Abstecher zum Bluttest gebeten und ihm anhand dessen einen Kontakt zum Mediziner Eufemiano Fuentes nachgewiesen. Nach einem Justizmarathon durch alle Instanzen wurde Valverde weltweit gesperrt.
In Spanien sind indes die Jubelstürme nach Contadors Freispruch ein wenig verklungen und ersten Zweifeln über die Außendarstellung gewichen. «Der Fall Contador ist teuflisch», schrieb die Sportzeitung «AS». «Es fällt schwer, von der Unschuld des Radprofis überzeugt zu sein wie auch von seiner Schuld. Da ist es nicht verwunderlich, dass Spaniens Ruf als Dopingparadies neue Nahrung bekommt.»
Kritik übte der «AS»-Chefredakteur und renommierte Sportreporter Alfredo Relaño in dem Leitartikel am Vorgehen der UCI, das Urteil allein dem nationalen Verband zu überlassen. «Man stelle sich einmal vor, in der Champions League tauchte bei Real Madrid, dem FC Barcelona oder dem FC Valencia ein unklarer Dopingfall auf, und der spanische Verband müsste das Urteil fällen!»
Zudem wehrt sich der spanische Verband der Rinderzüchter (Asoprovac) gegen die Unterstellung, verseuchtes Fleisch auf den Markt gebracht zu haben. Der Verband rechnete vor: «2010 haben die Behörden 14 179 Kontrollen durchgeführt, und nicht eine war positiv auf Clenbuterol.»