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Roger Kluge (re.) mit seinem Madison-Partner Theo Reinhardt. Foto: BDR
16.05.2024 13:25
Road to Paris: Roger Kluge - «Einen Versuch möchte ich noch haben»

Frankfurt (rad-net) - Die Olympischen Spiele in Paris rücken immer näher. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) präsentiert in den kommenden Wochen seine Rennfahrerinnen und Rennfahrer, die gute Aussichten haben, in Paris am Start zu stehen. Die endgültige Nominierung erfolgt durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) im Juli. In der heutigen Folge stellen wir Roger Kluge vor.

Roger Kluge ist der Dauerbrenner in der deutschen Nationalmannschaft. Schon 2008 gehörte der 38-Jährige zum BDR-Aufgebot für Peking und kehrte überraschend mit einer Silbermedaille zurück. Dabei soll es nicht bleiben. Für seine fünften Spiele 2024 in Paris wünscht sich der Bahn-Spezialist die Schlagzeile: «Kluge vergoldet die Silbermedaille aus Peking.»

Im 19. Jahr geht Kluge inzwischen für den BDR auf Medaillenjagd. Im Herbst 2006 gewann er erstmals internationales Edelmetall. Bei der U23-Europameisterschaft in Kopenhagen holte er zusammen mit dem Berliner Marcel Kalz Bronze im Madison. Seitdem hat sich Kluges Medaillen-Schrank im Familien-Wohnsitz in Ludwigsfelde ordentlich gefüllt. Ganz oben in der Vitrine liegt die Silbermedaille von den Olympischen Spielen 2008 im Punktefahren. Sieben WM-Medaillen (2x Gold, 3x Silber und 2x Bronze) sind über die Jahre dazugekommen – neben diversen EM- und Weltcup-Medaillen sowie Erinnerungsstücken von neun Sixday-Siegen.

Vor allem im Madison ist Kluge zusammen mit seinem Berliner Partner Theo Reinhardt seit Jahren eine Medaillenbank. 2017, bei der Premiere der Cottbuser Nächte, starteten beide erstmals zusammen im Zweiermannschaftsfahren und haben seitdem eine lange Erfolgsgeschichte geschrieben: WM-Gold 2018 und 2019, WM-Bronze 2020, EM-Silber 2018, danach EM-Gold 2022, 2023 und 2024, jüngst auch Siege bei den Nationencups in Malaysia und Ägypten. Nur bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio konnte das Duo mit Platz neun seine eigenen Wünsche und die Erwartungen anderer nicht erfüllen.

Alte Rechnung begleichen

In Staint-Quentin-en-Yvelines, vor den Toren der französischen Hauptstadt, der WM-Bahn von 2015 und 2022, wollen Kluge/Reinhardt es in diesem Sommer besser machen. Und Kluge eine alte Rechnung begleichen – denn mit seinem zweiten Platz in Peking 2008 konnte sich der langjährige Straßenprofi, der unter anderem auch einen Etappensieg beim Giro d'Italia feiern konnte, nie anfreunden. Auf der Bahn in Laoshan dominierte er damals lange das Punktefahren, musste aber mit dem Platz hinter dem erfahrenen Spanier Joan Llaneras vorliebnehmen. «Damals war das ein Mega-Erfolg. Irgendwie habe ich aber die Goldmedaille verloren, weil ich das Rennen lange angeführt habe», sagt er rückblickend. «Diese Rechnung möchte ich schon seit London 2012 ausgleichen – das ist mir all die Jahre nicht gelungen. Aber den einen Versuch möchte ich noch haben. Und ich weiß, dass es möglich ist. Der Fokus liegt auf dem Madison, da haben Theo und ich mehrfach bewiesen und gezeigt, was möglich ist», sagt Kluge.

Das Oval war immer ein wichtiger Bestandteil in Kluges Sportlerleben. «Ich bin mit der Bahn groß geworden. Ich erinnere mich noch an meine ersten Runden in Fredersdorf, später in Cottbus, Frankfurt (Oder) oder Forst. Die Bahn war immer ein Teil von mir – auch wenn sie manche Jahre etwas kürzer gekommen ist», erinnert er sich. «Auf der Straße war ich der Arbeiter und habe meine Brötchen verdient. Auf der Bahn war ich all die Jahre konkurrenzfähig und konnte selbst um Erfolge fahren.»

Fast zwei Jahrzehnte gehört Kluge hier zur internationalen Spitze und kann Erfahrung wie kaum ein anderer in die Waagschale werfen. Daneben vereint der gebürtige Eisenhüttenstädter harte Arbeit und Disziplin in sich. «Ich sage immer: Ohne Fleiß keinen Preis. Und ganz ohne Talent geht es auch nicht», erklärt er. «Es gab viele Karrieren, die viel früher geendet haben. Roger kommt ganz sicher seine Ausbildung in Cottbus zugute. Und er hat diese intrinsische Motivation», lobt Theo Reinhardt seinen Partner.

Nach acht Jahren in der WorldTour steht Kluge seit Anfang 2023 beim deutschen Continental-Team rad-net Oßwald unter Vertrag und bereitet sich hier zusammen mit Theo Reinhardt auf das Ziel Olympia vor. «Der Wechsel war für mich ein logischer Schritt. Mir wurde in den Gesprächen sehr viel Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht. Und mir gefällt auch die Rolle als Mentor. Ich möchte gern meine Erfahrung an die vielen jungen Fahrer in der Mannschaft weitergeben», sagt Kluge, der mit seiner Frau Judith und seinen beiden Töchtern Jenna (8) und Elea (3) in Ludwigsfelde, unweit von Berlin, heimisch geworden ist.

Seine Familie ist der große Rückhalt für Kluge, hier findet er die nötige Ruhe und auch Ablenkung. Zuhause ist er nicht mehr der Radprofi, sondern vor allem Ehemann und Vater von zwei Töchtern. Dass deshalb manchmal der Schlaf etwas kürzer ausfällt als gewünscht, wenn er Jenna früh zur Schule auf dem Rad begleitet, gehört inzwischen zum Alltag. Neben Familie und Radsport hat Kluge in den letzten Monaten auch seine Berufsausbildung nochmals besonders gefordert. Zeit für sein Hobby, einen Oldtimer der Marke Ford Mustang aus dem Jahr 1966, blieb da nicht mehr.

Kurz nach Olympia 2008 hatte Kluge an der Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE) in Eisenhüttenstadt die Ausbildung zum Brandmeister begonnen. Dann wurde er Radprofi. Jetzt, im Herbst seiner Karriere, war die Zeit reif, die Ausbildung in Brandenburg zu beenden – nach 16 (!) Jahren hat er im März erfolgreich die Abschlussprüfung abgelegt. Zurzeit ist er als Mitglied der Brandenburger Spitzensport-Förderung vom Dienst freigestellt. Erst 2025 wartet die Fortbildung zum Sanitäter. Vielleicht sitzt Roger Kluge dann aber noch immer im Sattel. «Nach Olympia fahre ich auf jeden Fall die Saison zu Ende und mindestens die Winterbahn 2024/25. Alles andere entscheidet sich in den kommenden Monaten», sagt Roger Kluge. Vorerst gilt ohnehin die volle Konzentration den Olympischen Spiele in Paris – und dem Ziel, dort Schlagzeilen zu schreiben.

Steckbrief
Team: rad-net Oßwald
Geburtstag: 5. Februar 1986 in Eisenhüttenstadt
Wohnort: Ludwigsfelde
Familienstand: verheiratet, 2 Töchter
Olympia-Teilnahmen: 4

Erfolge
2008: 2. Olympische Spiele Punktefahren

2009: 1. EM Madison, 3. Derny-EM, 1. DM Mannschaftsverfolgung und Madison

2010: 1. EM Omnium

2011: 1. Sechstagerennen Amsterdam

2012: 1. DM Einerverfolgung, 4. Omnium Olympische Spiele

2013: 1. DM Mannschaftsverfolgung

2015: 1. DM Omnium, Etappensieg Giro d'Italia

2016: 2. WM Omnium, 1. DM Punktefahren, 6. Omnium Olympische Spiele

2017: 1. Sechstagerennen Rotterdam

2018: 1. WM Madison, 2. EM Madison, 1. DM Omnium

2019: 1. Sechstagerennen Berlin, 1. WM Madison

2020: 3. WM Madison

2021: 9. Madison, 9. Platz Omnium, 6. Platz Mannschaftsverfolgung Olympische Spiele

2022: 1. EM Madison, 1. DM Madison, 2. WM Punktefahren

2023: 1. EM Madison, 1. Sechstagerennen Berlin

2024: 1. EM Madison, 1. Sechstagerennen Berlin

Roger Kluge privat
Welchen Traum möchtest du dir im Leben noch erfüllen?

Eine Olympische Medaille gewinnen, im Idealfall eine goldene. Und dann wünsche ich mir, nach dem aktiven Sport einen guten Lebensrhythmus zu finden und mehr Zeit für die Familie zu haben.

Was ist für dich ein perfekter Tag?

Ein Ruhetag, ein Tag, ohne sechs, sieben Stunden auf dem Rad; Ausschlafen, ein entspanntes Frühstück, eine Stunde Kaffeefahrt ohne Druck. Abseits des Sports natürlich den Tag mit der Familie verbringen.

Welche Überschrift möchtest du gern einmal von dir lesen?

«Roger Kluge vergoldet die Silbermedaille aus Peking.»

Mit wem möchtest du an der Hotelbar mal ein Bier oder einen Cocktail trinken?

Mit Will Smith, den Schauspieler mag ich; freue mich schon auf seinen neuen Film.

Was ist dein Lieblingsfrühstück?

Ich esse immer viel und alles, würde mich gar nicht so einschränken auf etwas bestimmtes. Ich esse auch gern mal ein Stück Kuchen, wenn es vom Vortag übrig geblieben ist. Und wenns Nutella gibt: Nutella aufs Brot.

Was ist deine Lieblingsserie auf Netflix?

Suits, habe ich mit meiner Frau geguckt, fanden wir beide lustig.

Was ist dein Lebensmotto?

«Es kommt wie es kommt.»


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