Berlin (dpa) - Die Doping-Vergangenheit blendet er aus - sein großer Zukunftstraum ist die Tour de France. Aber Radprofi Stefan Schumacher fängt nach Ablauf seiner Zweijahressperre zunächst ganz unten an.
Im drittklassigen italienischen Miche-Team will der 29-jährige Schwabe beim Giro del Veneto wieder mitmischen im alten Metier. Langfristig träumt er von höheren Weihen. Dazu muss er sein ruiniertes Image aufpolieren - sicher ein hartes Stück Arbeit. «Das Vertrauen ist aufgebraucht bei den Fans. Das tut mir weh», sagte der 2008 nach der Frankreich-Rundfahrt wegen CERA-Dopings aufgeflogene Schumacher, in einem dpa-Interview.
Der ehemalige Gerolsteiner-Kapitän, der auch bei den Olympischen Spielen in Peking auf das damals neue Blutdoping-Präparat positiv getestet worden war und nie ein Doping-Geständnis abgelegt hatte, ließ offen, ob er damalige Manipulationen zugeben wird: «Das Thema ist zu komplex. Dazu sage ich nichts - ich habe meine Gründe.»
Die Rückkehr nach Frankreich bleibt das große Ziel. Sein erster Arbeitgeber nach dem tiefen Fall soll als Sprungbrett zurück in die Eliteliga des Radsports dienen. So hat es Dopingsünder Riccardo Ricco, ebenfalls 2008 mit CERA erwischt, vorgemacht. Der Italiener wechselte nach einigen sehr erfolgreichen Monaten von Ceramica Flaminia (Italien) zu Vacansoleil (Niederlande) und damit wieder auf die große Radsport-Bühne.
«Natürlich ist die Tour ein ganz großer Traum, vielleicht schon 2011: Das schließe ich nicht aus. Aber das liegt ja nicht nur in meiner Hand. Ich will wieder die ganz großen Rennen fahren, mein Ziel ist eine ProTour-Mannschaft - das ist klar», sagte Schumacher, der sich auf eine schwierige Resozialisierung gefasst machen muss.
«Ich habe reichlich auf die Schnauze gekriegt», sagte der Nürtinger im Rückblick. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hatte ihn nach einem langwierigem und für ihn kostspieligen Justizmarathon («Ich war schon mal wohlhabender») verurteilt. Auf einen Einspruch verzichtete er.
In der Zukunft will Schumacher «Zweifel beseitigen». Er habe «viel gelernt» und will beweisen, «dass ich clean wieder Topleistungen bringen kann». Offenheit sei sein oberstes Gebot - dafür will er seine Blutwerte auf seine Homepage stellen. «Wir sind gerade dabei, abzuklären, was ich darüber hinaus noch zur Transparenz beitragen kann», erklärte das einstige schwäbische «Cleverle», das die Doping-Kontrollorgane in seiner Vita mehrmals beschäftigte.
Sein ehemaliger Teamchef Hans-Michael Holczer schrieb in seinem in diesem Monat erschienen Buch in Zusammenhang mit Schumacher von «verrücktspielenden Blutwerten», von zwei «missed Tests im Juni 2007» und verdächtigen Telefonaten während der Tour 2008. Ein Kapitel in Holczers Buch «Garantiert Positiv» hat den Titel: Der «Fall» Schumacher.
Schumacher sagt, er habe das Buch «nicht gelesen», nur «einiges gehört, was mich stutzig gemacht hat». Aber der gestrandete Profi, der auch im Rechtsstreit mit seinem ehemaligen Chef wegen ausstehender Gehälter stand, zieht auch hier wie im CAS-Prozess den Schlussstrich vor: «Unsere Wege haben sich getrennt. Ich wünsche Hans-Michael Holczer alles Gute».
Auch mit seinen ehemaligen Teamkollegen hat er nicht mehr viel am Hut. Immerhin wollten die von ihrem Ex-Kapitän Siegprämien einklagen, die die Tour-Organisation nach dem Dopingfall 2008 einbehalten hatten. «Sie sind deshalb nicht an mich herangetreten», erklärte Schumacher.