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Alessandro Petacchi feiert am 6. Juni den Gewinn der 1. Etappe der 90. Tour de France.
07.07.2003 12:51
Petacchi musste zu Tour-Glück überredet werden

La Ferté-sous-Jouarre (dpa) - Nach der Chaos-Etappe von Meaux bekam Alessandro Petacchi den Ritterschlag. «Er ist der kommende große Mann des Sprints», sagte Erik Zabel, der sich im Ziel der 1. Etappe der 90. Tour de France, die durch einen Massensturz 450 m vor dem Ziel in Meaux erschüttert wurde, mit Rang 3 hinter Petacchi und Robbie McEwen (Australien) zufrieden gab.

Dabei musste der 29-jährige Italiener, der den ersten Tour-Etappensieg seiner Karriere feierte, erst zu seinem Glück in Frankreich überredet werden. «Eigentlich wollte ich nach meinen sechs Siegen beim Giro d'Italia und dem Sturz in Bolzano gar nicht kommen», sagte Petacchi, der den erneut nicht startberechtigten Weltmeister Mario Cipollini mehr als bestens vertritt.

Von der Tragödie in seinem Rücken bekam der hünenhafte Fassa Bortolo-Fahrer nichts mit. Hinter ihm wirbelten die Fahrer durch die Luft. Der spanische Bergspezialist Enrique Gutierrez war aus seinen Pedalen gerutscht und hatte den Massensturz ausgelöst. Die Liste der Verletzen war hinterher fast so umfangreich wie das Klassement: Für den Mitfavoriten Tyler Hamilton (USA) schien die Tour mit einem zweifach gebrochenen Schlüsselbein ebenso beendet wie für seinen Landsmann, den Vorjahres-Achten Levi Leipheimer. Hamilton, im Vorjahr mit angebrochener Schulter Giro-Zweiter und in diesem Frühjahr Gewinner von Lüttich-Bastogne-Lüttich und der Tour de Romandie, stieg aber dennoch aufs Rad. «Er ist ein Kämpfer. Er will es versuchen, so lange es geht bei den unglaublichen Schmerzen», sagte sein Teamchef Bjarne Riis am Start in La Ferté-sous-Jouarre.

Die prominentesten Sturzopfer waren Lance Armstrong, der schon in der Tour-Generalprobe Dauphiné Libéré bergab folgenschwer zu Fall gekommen war, und der augenblickliche Spitzenreiter Bradley McGee (Australien). Beide erlitten nur leichtere Blessuren, der vierfache Tour-Sieger ein Hämatom am Gesäß und eine Schulterprellung. «Ich hatte einen Schutzengel», so McGee. Armstrong wollte den Zwischenfall herunterspielen: «Wenn es der einzige Sturz in drei Wochen bei mir bleibt, ist das nichts.» Der Franzose Jimmi Casper konnte am nächsten Tag mit einer Halskrause weiterfahren, genau wie der gebürtige Berliner Andreas Klöden vom Team Telekom mit einem verpflasterten Auge.

Die sichtbaren Folgen des Sturzes beim Gerolsteiner-Kapitän Davide Rebellin sahen schlimmer aus, als die relativ leichten Verletzungen am Rücken. Das Rad des Italieners, der im Mai am Henninger Turm in Frankfurt gesiegt hatte, war zerbrochen und vom eigenen Blut besudelt. «Wie ein Kriegsschauplatz», kam Sprinter Olaf Pollack, der sein Dienstfahrzeug geschultert über den Zielstrich trug, der letzte halbe Kilometer des Rennens vor. Der Tour-Neuling vermisste besondere Rücksichtnahme der Arbeitskollegen: «So ein verrücktes Rennen habe ich noch nie erlebt. Die fahren ja hier alle wie um Leben und Tod.»

Für Petacchi war es dagegen schlicht «der perfekte Sprint» und Sieg Nummer 13 in dieser Saison. Der neue Sprint-Star aus La Spezia, der Cipollini beim Giro in Lecce und Messina in die Schranken gewiesen hatte, wurde von der «L'Equipe» wie ein Künstler gewürdigt. Er sei «auf dem Höhepunkt seines Schaffens». Auch für Olaf Ludwig, in den 90er Jahren Top-Sprinter, Gewinner des Grünen Trikots und jetzt Telekom-Teamsprecher und Sportlicher Leiter, ist Petacchi mehr als ein würdiger Cipollini-Ersatz: «In dieser Form und mit diesem funktionierenden Team schießt der hier noch mehr Siege ab.»

Zabel hatte schon vor drei Jahren bei der Vuelta große Stücke auf den Italiener gehalten: «Als er mir da das Sprinter- Trikot abnahm, hatte ich schon gemerkt: Das kann mal ein ganz Guter werden.»


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