Compiègne (rad-net) - Für viele ist es der wichtigste Termin im Radsportkalender: Bei der 115. Edition von Paris-Roubaix (UCI WorldTour) kämpfen die Klassikerstars morgen wieder um die begehrte Pflasterstein-Trophäe. Für einen wird es ohnehin das größte Rennen der Saison – Tom Boonen (Quick-Step-Floors) will sich mit seinem fünften Sieg vom Profisport verabschieden.
Boonen triumphierte selbst 2005, 2008, 2009 und 2012 und wird morgen zusätzlich den Sieger von 2014, Nikki Terpstra, an seiner Seite haben. «Natürlich müssen wir das Rennen so fahren wie es kommt, aber ich denke, dass wir alle Tom unterstützen wollen, um Geschichte zu schreiben. Natürlich sind Van Avermaet und Sagan momentan die größten Konkurrenten, aber da ist auch noch John Degenkolb. Er hat das Rennen schon gewonnen und ist in guter Form, daher erwarte ich, dass er vorne dabei sein wird», so der Niederländer.
An der Teamstärke wird es beim Quick-Step-Floors Profi Boonen ohnehin nicht scheitern, auch wenn Flandern-Sieger Philippe Gilbert nicht am Start ist. Dass auf dem groben Kopfsteinpflaster in Nordfrankreich jedoch alles möglich ist, musste Boonens Teamkollege Zdenek Stybar schon gestern bei der Streckenbesichtigung feststellen, als er in einer Kurve zu Fall kam. Auch das Material wurde nochmal feinjustiert, allerdings wird Boonen ebenso wie Doppelweltmeister Sagan morgen auf Scheibenbremsen verzichten. Für ihre beiden Superstars machte die Firma Specialized eine Ausnahme und lieferte Varianten der neuesten Roubaix-Maschine mit traditionellen Felgenbremsen.
Auch Peter Sagan hat sich mit dem deutschen Bora-hansgrohe Team in den letzten Tagen ganz der Streckensichtung und Materialjustierung verschrieben. Die lädierte Hüfte, die er sich beim Sturz am Oude Kwaremont am letzten Sonntag bei der Flandernrundfahrt zugezogen hat, scheint dem Slowaken keine großen Schwierigkeiten mehr zu bereiten. Jedenfalls jagte er gestern nahezu im Renntempo über das Kopfsteinpflaster, um Reifendruck und andere Feinheiten auf die Probe zu stellen. An seiner Seite werden in Compiègne wieder Marcus Burghardt, Andreas Schillinger und Rüdiger Selig starten, die Sagan bereits in Flandern begleitet haben.
Greg van Avermaet hat die Klassikersaison zwar bislang dominiert, konnte aber immer noch nicht sein ersehntes Monument ergattern, sodass der Olympiasieger morgen wieder bis in die Haarspitzen motiviert sein wird. «Es ist kein Geheimnis, dass Flandern für mich die größte Gelegenheit war, aber ich möchte in diesem Jahr ein Monument gewinnen und habe am Sonntag die nächste Gelegenheit dazu. Wenn alles nach Plan läuft, gibt es keinen Grund, warum ich Paris-Roubaix nicht gewinnen kann», so der Sieger von Omloop het Nieuwsblad, Gent-Wevelgem und E3 Harelbeke.
Gefühlte Titelverteidigung für Degenkolb
Aus deutscher Sicht starten neben Top-Favorit John Degenkolb (Trek-Segafredo) auch André Greipel und Marcel Sieberg (Lotto-Soudal), der im letzten Jahr mit dem siebten Platz sein bestes Roubaix-Ergebnis feierte. Degenkolb hat mit Jasper Stuyven einen starken Edelhelfer an seiner Seite, der in dieser Saison allerdings noch nicht sein Top-Niveau abrufen konnte – einer der vielen kleinen Gründe, warum es für «Dege» mit einem Klassikersieg in dieser Saison noch nicht geklappt hat. Für den Frankfurter ist es nach seinem Katastrophen-Jahr 2016 wie bei Mailand-Sanremo eine gefühlte Titelverteidigung.
Christian Knees wird wieder für Team Sky und ihre Co-Leader Ian Stannard und Luke Rowe im Einsatz sein, während Nico Denz für AG2R-La-Mondiale und Oliver Naesen, Dritter bei E3 Harelbeke, schuften wird. Auch Jasha Sütterlin und Robert Wagner werden ihre großen Motoren für Movistar bzw. LottoNL-Jumbo anwerfen. Tony Martin und Nils Politt starten derweil an der Seite von Katusha-Alpecin Kapitän Alexander Kristoff. Martin könnte je nach Rennverlauf sogar auf eigene Kappe fahren können, nachdem er im letzten Jahr seine Stärke auf dem Kopfsteinpflaster demonstrierte, als er viele Kilometer lang das Feld für seinen damaligen Teamkollegen Tom Boonen anführte. Team Sunweb Profi Nikias Arndt vervollständigt das deutsche Aufgebot bei Paris-Roubaix.
Titelverteidiger Matthew Hayman (Orica-Scott) ist ebenfalls wieder am Start. Ob Tom Boonen sein Traumabschied gelingt, Van Avermaet sein erstes Monument gewinnt, doch Sagan oder Degenkolb zuschlagen oder wieder ein Helfer den Favoriten ein Schnippchen schlägt, wird nach 257 Kilometern und 29 brutalen Kopfsteinpflaster-Sektoren im Velodrom von Roubaix entschieden werden.
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