Bielefeld (rad-net) - Mit dem Buch «Die Strafgefangenen der Landstraße» mit Reportagen zur Tour de France von Albert Londres bringt der Bielefelder Sportverlag Covadonga ein bedeutendes Stück Sport- und Journalismusgeschichte erstmals in deutscher Übersetzung heraus. Als sich Albert Londres im Sommer 1924 an die Fersen der längst sagenumwobenen Tour de France heftet, gelingt ihm, dem Star-Reporter mit dem untrüglichen Gespür für große Geschichten, eine Momentaufnahme, die inzwischen ihren festen Platz in den Annalen des Sports hat: Das Dopinggeständnis zweier großer Favoriten und Publikumslieblinge.
Die Brüder Pélissier haben das Rennen, aus Protest gegen ein unbarmherziges Reglement, kurzerhand verlassen, nun klagen sie in einer Bar am Streckenrand dem berühmten Journalisten ihr Leid: Wollen Sie mal sehen, womit wir fahren? Hier... Aus seinem Beutel holt er eine Ampulle hervor: Das ist Kokain für die Augen, und dies hier ist Chloroform für das Zahnfleisch. [...] Dürfen es auch ein paar Pillen sein? Wollen Sie welche sehen? Hier bitte. [...] Francis bringt es auf den Punkt: Wir fahren mit Dynamit.
Und dennoch: In ihrer Gesamtheit waren die Reportagen des Albert Londres von der Frankreich-Rundfahrt dem hiesigen Publikum bis dato quasi unbekannt. Nun aber, nach fast 90 Jahren, legt der Covadonga Verlag die komplette Artikelserie, die dereinst in Le Petit Parisien erschien, erstmals in einer deutschen Übersetzung vor.
Der Autor Albert Londres (1884-1932) war Kriegskorrespondent, Schriftsteller und Poet. Der Franzose gilt als einer der Gründerväter des investigativen Journalismus. In seinen Reportagen aus aller Welt entlarvte und geißelte er die Auswüchse von Kolonialismus, Zwangsarbeit und Antisemitismus. Londres starb während der Rückkehr von einer Recherchereise nach Shanghai bei einem Schiffsbrand im Roten Meer. Nach ihm benannt ist bis heute einer der renommiertesten französischen Journalisten-Preise.
«Albert Londres ist eine Nummer für sich. Londres ist ein Reporter und nichts als das: keine langatmigen Untersuchungen, keine exakten Dokumente, sondern: Wo ist etwas los? Ich will dabei sein! Ihr werdet lesen», so äußerte sich Kurt Tucholsky im September 1925 über den Franzosen.
Das Buch «Die Strafgefangenen der Landstraße», das Stefan Rodecurt übersetzt hat, hat 124 Seiten und kostet 12,80 Euro. Es kommt am morgigen 1. Juni in den Handel.