Kilfinane (rad-net) - Marathon-Weltmeister Christoph Sauser aus der Schweiz gilt vor den europäischen Titelkämpfen auf der Langdistanz im irischen Ballyhoura District als Top-Favorit bei den Herren. Die Bulls-Biker Karl Platt und Tim Böhme gehen mit Medaillenchancen in die EM.
Das Team Bulls bringt mit dem Schweizer Urs Huber sowie dem Wahl-Frankfurter Tim Böhme und dem Osthofener Karl Platt, drei Fahrer an den Start, die Medaillen-Potenzial besitzen. «Sie sind heiß drauf», sagt Team-Manager Friedemann Schmude. «Sicher noch mehr auf die WM in Südafrika, aber wir hatten die EM von Anfang an im Fokus», so Schmude.
Dass es bei Böhme und Platt bei der Bike Four Peaks noch nicht so gut lief, muss dabei nichts heißen. Das war auch in früheren Jahren schon so. Zum Beispiel 2011, als Tim Böhme kurz danach bei der EM in Kleinzell Bronze gewann. Der «Cross-Country-lastige Kurs», wie Schmude ihn nennt, sollte für Böhme eher von Vorteil sein.
Karl Platt hat nach seiner Verletzung beim Cape Epic ohnehin einen anderen Aufbau wählen müssen als in all den Jahren zuvor. Sein typisches «Mai-Loch», von dem er immer spricht, wurde dieses Jahr von fleißiger Trainingsarbeit überlagert. Sollte er sich wieder die Cape-Epic-Form erarbeitet haben, dann ist vieles drin. Fahrtechnisch gehört Platt zu den Allerbesten, das hat nicht erst der Gewinn der Enduro-Wertung bei der Bike Four Peaks gezeigt.
Topfavorit ist zweifellos Christoph Sauser. Dreimal war der Specialized-Fahrer schon Marathon-Weltmeister, aber erst einmal, 2007 in St. Wendel, auch Europameister. Das hängt auch damit zusammen, dass er die EM zu den Zeiten, als er noch im Cross-Country aktiv war, öfter ausgelassen hat. 2013 hätte es schon Titel Nummer zwei werden können, aber weil kurz vor dem Ziel in Singen die Schaltung versagte, bleibt es ungewiss, wie es gegen Alban Lakata ausgegangen wäre.
Aktuell ist «Susi», wie ihn die MTB-Welt nennt, wieder in ausgzeichneter Verfassung. Drei Etappensiege bei der Bike Four Peaks und der Sieg bei der Elsa Bike Trophy am Sonntag sprechen eine deutliche Sprache. Das Profil der 93 Kilometer (2199 Höhenmeter) im Ballyhoura Country mit Start und Ziel in Kilfinane, ungefähr in der Mitte zwischen Limerick und Cork gelegen, ist sehr zackig. Nicht unbedingt wie gemacht für den 38-jährigen Sauser. Doch wie pflegt der zu sagen? «Wenn die Form gut ist, kann man alles.»
Was sein Specialized-Teamkollege Jaroslav Kulhavy aus der Tschechischen Republik kann und können will, das wird erst der Verlauf zeigen. Ein verkorkstes Frühjahr wäre für den Olympiasieger noch reparabel, wenn er bei der Marathon-WM in Pietermaritzburg eine Medaille, wenn möglich die Goldene, abgreifen würde. Dafür hat er - nach einem Sturz in Albstadt auf die ehemals gebrochene Kniescheibe - die Marathon-EM ins Programm genommen. Werden sich die beiden gemeinsamen Cape-Epic-Sieger (2013) gegenseitig unterstützen? Wenn ja, wie lange? Und welche Rolle kann der dritte Specialized-Fahrer Frantisek Rabon spielen?
Die beiden Akteure vom Koblenzer Topeak-Ergon-Team Alban Lakata und Kristian Hynek werden sicher so lange wie möglich zusammen arbeiten. Davon ist auszugehen. Sollten beide gemeinsam in den Endkampf kommen, dann müsste eine Entscheidung her. Der Österreicher und der Tscheche sind die Titelträger von 2013 (Lakata) und von 2012. Da der Weg durch das Ballyhoura Country durch etliche Singletrails - Hynek spricht vom «Singletrack paradise» - führt, wird es aber vermutlich eher kleinere Gruppen geben. Oder die Chance für einen frühen Solisten.
Das Team Centurion-Vaude um Jochen Käß und Markus Kaufmann lässt den Trip nach Irland aus, genauso wie der Deutsche Marathon-Meister Robert Mennen. Dagegen sind die Kreidler Werksfahrer Matthias Leisling und Torsten Marx auf der Insel vertreten. «Den ersten Höhepunkt in diesem Jahr», hat Leisling die EM genannt - entsprechend motiviert steht er am Start.
Bei den Damen ist die Engländerin Sally Bigham (Topeak-Ergon) schon lange reif für einen Titel. Warum nicht auf der Nachbarinsel? Zweimal (2011 und 2013) war sie schon Zweite bei der Marathon-EM.
Die Konkurrenz aus dem Cross-Country-Lager ist (fast) nicht präsent. Abgesehen von Tereza Hurikova (Specialized), deren Qualitäten auf der Marathon-Distanz aber weitgehend unbekannt sind. Nur so viel: Sie pflegt in Cross-Country-Rennen stärker zu werden, je länger sie andauern. Bei 75 Kilometer (1925 Höhenmeter) kann sie also ein wenig Anlauf nehmen.
Hildegunn Hovdenak, Gewinnerin des Rothaus Hegau Bike-Marathon und Borghild Loevset (beide Norwegen), sowie Eszter Dósa aus Ungarn sind weitere Medaillenkandidatinnen.
Titelverteidigerin Esther Süss aus der Schweiz ist nicht am Start. Deutsche Fahrerinnen sind auf der Meldeliste gar keine vorzufinden. Der Start der Herren-Konkurrenz erfolgt um 12 Uhr MESZ, die Damen legen um 12:45 Uhr los.
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