Singen (rad-net) - Sabine Spitz trägt die deutschen Hoffnungen im Damen-Rennen der Marathon-Europameisterschaften am Sonntag in Singen. Sie peilt eine Medaille an, hat aber mindestens vier starke Konkurrentinnen, denen man das auch zutraut.
Spitz war 2013 bei der EM in Singen schon Dritte und hat sich auch dieses Mal eine Medaille zum Ziel gesetzt. Es wäre ihr insgesamt zwölftes EM-Edelmetall, der zweite Titel auf der Langdistanz. «Meine Vorbereitung auf die Marathon EM lief weitgehend gut», sagt sie. Die zwei Cross-Country-Rennen in Schaan und in Tesserete war sie jeweils Dritte. «Die Form für die EM müsste passen», zeigt sie sich zuversichtlich. Die Topographie beim Rothaus Hegau Bike-Marathon kommt ihren Fähigkeiten sicherlich entgegen.
Obwohl keine der Top-Damen eine Teamkollegin mit dabei hat, erwartet Spitz dennoch ein von der Taktik geprägtes Rennen. «Die Frage ist nur, wer welche Taktik verfolgt», meint sie. In den vielen langen Flach-Passagen kann Windschatten eine große Rolle spielen und es stellt sich dann immer die Frage, wer die Nase in den Wind steckt und Kräfte verbraucht.
Mit Gunn-Rita Dahle-Flesjaa (Multivan-Merida) und der vierfachen Vize-Europameisterin Sally Bigham (Topeak-Ergon) gibt es zwei weitere Top-Fahrerinnen, die mit Spitz um Edelmetall konkurrieren.
Dahle-Flesjaa rechnet auf den 80 Kilometern auch mit einem «taktischen Rennen» und hofft - das klingt für eine neunfache Weltmeisterin bescheiden - «um ein Top-Drei-Ergebnis kämpfen» zu können. «Ich kann nicht mehr erwarten. Natürlich, wenn man an der Startlinie steht, hat man immer die Chance zu gewinnen. An einem guten Tag kann ich auch um den Sieg kämpfen», umschreibt die Norwegerin ihre Vorstellungen.
Bigham muss sich nach viermal Silber fast logischerweise Gold zum Ziel setzen. Allerdings hat sich in ihre Vorbereitung ein Handicap eingeschlichen. Ein Infekt ließ sie auf die Britischen Meisterschaften verzichten. «Ich bin nicht an den Start gegangen weil ich bei der EM hundertprozentig fit sein will», lässt die Topeak-Ergon-Fahrerin erahnen, wie fokussiert sie ist.
Dann ist da Jolanda Neff (Stöckli Pro Team), gewissermaßen als Joker. Dass die Weltranglistenerste im Cross-Country, auch ohne Marathon-Erfahrung und mit dem samstäglichen Rennen von Solothurn in den Beinen, eine ernstzunehmende Konkurrentin ist, damit rechnet nicht nur Gunn-Rita Dahle-Flesjaa. «Sie ist Straßenrennen gefahren und hat den Speed», ist sie überzeugt.
Esther Süss hat sich lange Zeit gelassen, ehe sie sich entschloss für die EM zu melden. Die Schweizerin hat 2013 in Singen den Titel geholt, wird aber auch am Samstag noch in Solothurn tätig sein. Rechnen muss man mit ihr auf jeden Fall, nicht zuletzt weil sie in den vergangenen Wochen gute Form nachgewiesen hat.
Sind es also fünf Damen für drei Medaillen? Auf dem Papier auf jeden Fall. Aber gerade weil das Rennen auch von Taktik geprägt ist, könnten sich auch Fahrerinnen wie Borghild Loevset aus Norwegen, Christine Kollmann (Fill Scott Racing) aus Österreich oder die Polin Monika Zur.
Die Deutsche Marathon-Meisterin Silke Schmidt (Herzlichst Zypern) schraubt ihre Ambitionen als voll berufstätige Juristin nach unten. «Top-Ten wäre angesichts der Umstände ein super Ergebnis», sagt die Münchnerin. «Vom Kopf her ist es halt super schwer, weil ich noch immer höhere Ansprüche an mich habe und mich mit den Profis messen will, obwohl ich ja vom Training her weit davon entfernt bin», so Schmidt. Vielleicht ist da aber auch ein bisschen Understatement mit dabei. Sie hat trotz reduziertem Training schon häufiger positiv überrascht.